Links das 66 Meter hohe "alte" Raiffeisenhaus, direkt daneben der neue Passivhaus-Turm aus Stahl und Glas.

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Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll überreichten dem Obmann der Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, Erwin Hameseder (re.), und dem ebenfalls anwesenden Ex-Raiffeisen-General Christian Konrad (2.v.re.) Brot und Salz - ein traditionelles Geschenk zum Einzug in ein neues Haus.

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Ganz oben gibt es einen Veranstaltungssaal mit fantastischem Blick über Wien. Die 7 mal 4 Meter große Leinwand in dem Saal musste noch im Rohbau installiert werden, erklärte Projektleiter Pundy. Sollte sie einmal ausgetauscht werden müssen, ist ein Eingriff in die Fassade nötig.

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Man hätte das neue Hochhaus auch in St. Pölten bauen können, sagte Christian Konrad, Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen-Landesbank NÖ-Wien, am Montag. "Aber erstens ist es dort nicht so einfach, ein 20-stöckiges Hochhaus zu bauen, und zweitens hätte das unserer natürlichen Bescheidenheit widersprochen." Denn höher als die Büros der Landesregierung hätte man keinesfalls bauen wollen, sagte der einst mächtigste Raiffeisen-Banker des Landes unter dem Gelächter der zahlreichen Ehrengäste.

Und deshalb wurde das neue Passivhaus-Bürohochhaus des Raiffeisen-Konzerns eben am Wiener Donaukanal errichtet. Dort gibt es schon seit 1975 ein Raiffeisen-Hochhaus, das mit 66 Metern bzw. 18 Stockwerken nur unwesentlich niedriger ist als der Neubau. Das etwas mehr als 3.000 Quadratmeter große Nachbargrundstück, auf dem sich bis 2010 die Opec-Zentrale befand, hatte man sich schon 2007 gesichert, im April 2010 wurde mit dem Tiefbau begonnen. Am heutigen Montag wurde das fertige Gebäude im Beisein von Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll offiziell eröffnet.

900 Büroarbeitsplätze

Die 78 Meter waren das absolute Maximum, das die Stadt Wien erlaubte, berichtete Projektleiter Wolfgang Pundy beim Rundgang. Gebaut hätte man an dem Standort auch hundert Meter hoch, hätte man dies genehmigt bekommen. So aber blieb es bei den 78 Metern, weshalb man auf zwei Technik-Geschoße ganz oben (wie im "alten" Nebengebäude) verzichtete. Die durchaus beeindruckende Haustechnik wurde nun unter anderem im Erdgeschoß untergebracht, wo sich auch das Haupt-Eingangsportal in beide Gebäude sowie ein öffentlich zugängliches Café und eine Bankfiliale befinden.

In die Erde reicht der neue Zubau immerhin 20 Meter tief, die sechs Untergeschoße mit einer Bruttogeschoßfläche von nicht weniger als 14.746 m² beherbergen unter anderem 250 Pkw-Stellplätze. Die Obergeschoße, 21 an der Zahl, bieten eine Netto-Nutzfläche von 20.000 m² (bei einer Bruttogeschoßfläche von 27.573 Quadratmetern), davon dienen 16.500 Quadratmeter den 900 hier arbeitenden Raiffeisen-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern als Büros. Und dies schon seit Dezember, denn seit vier Monaten wird in dem Turm bereits gearbeitet. Weil nun mit der Agrana auch die letzte Raiffeisen-Tochter ihre Büros bezogen hat, wurde am Montag gefeiert – unter anderem die Tatsache, dass man mit dem 84 Millionen teuren Bau sowohl den Kosten- als auch den Zeitplan einhalten konnte.

Unter den hier geschaffenen Büros befinden sich auch jenes des ehemaligen Vizekanzlers und nunmehrigen Leipnik-Lundenburger-Vorstandchefs Josef Pröll sowie das des Raiffeisen-Holding-Obmanns Erwin Hameseder. Er sprach am Montag von einer "Familienzusammenführung" in dem neuen Haus und wies darauf hin, dass man hier ein energetisches Vorzeigeprojekt geschaffen habe – ausgerechnet an einem Ort, "an dem es davor ausschließlich um fossile Energie ging", nämlich dem einstigen Opec-Standort in Wien.

Passivhaus-Qualität

Errichter und Eigentümer des Zubaus ist die DZR-Immobilienentwicklung, eine 100-prozentige Tochter der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien. Deren Geschäftsführer und Projektleiter Pundy betonte, dass man das neue Haus als Leuchtturmprojekt in Sachen Klimaschutz und Energieeffizienz verstanden wissen wolle. Bei den Vorzertifizierungen erreichte das Projekt der Architekten Dieter Hayde, Ernst Maurer und Radovan Tajder 949 von 1.000 Punkten nach dem TQB-Bewertungssystem ("Total Quality Building") der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB).

Pundy sagte am Montag auch, dass es sich damit laut Vorzertifizierung um das weltweit erste Bürohochhaus im Passivhaus-Standard handle. Ob man diesen Standard auch im laufenden Betrieb schaffen könne, werde sich aber wohl erst nach einigen Monaten oder Jahren zeigen.

Wasser, Erde, Sonne

Das Energiekonzept stammt von Vasko+Partner. Michaela Steinacker, Geschäftsführerin der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, sprach am Montag von einer "intelligenten, genialen Kombination aller Ressourcen, die die Natur bietet": Das Gebäude wird mit Wasser aus dem Donaukanal gekühlt und mit Geothermie beheizt, außerdem befinden sich auf dem Dach 420 Quadratmeter an Photovoltaik-Paneelen. Ein Großteil der benötigten Energie könne damit hausintern produziert werden.

Rund sieben Prozent des Gesamtinvestitionsvolumens flossen in Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz. Damit sei es gelungen, die Energiekosten, die für ein herkömmliches Bürohaus anfallen, auf die Hälfte zu reduzieren, sagte Pundy.

Standortkonzentration

Das Hochhaus dient der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien zur Gänze für den Eigenbedarf. Mehrere Standorte sowie einige ihrer Netzwerkunternehmen wie Leipnik-Lundenburger (LLI), Renergie, Raiffeisen Immobilien Vermittlung (RIV) oder Agrana werden hier an einem Ort versammelt. Neben zahlreichen Büros und einem großen Veranstaltungssaal im 20. Stock beherbergt der markante Stahl-Glas-Komplex auch einen Betriebskindergarten mit vier Gruppen bzw. 80 Betreuungsplätzen. (Martin Putschögl, derStandard.at, 15.4.2013)