Auflösung von Ordnung durch Zerknittern und Falten: Arbeiten von Esther Stocker in der Galerie Krobath in Wien.

Foto: Meinrad Hofer

Wien - Von der Fläche hat sich die Malerin Esther Stocker (geb. 1974 in Schlanders, Südtirol) immer wieder entfernt. Sei es mit ihren Bildern, die optisch Falten und Knicke zu verräumlichen scheinen, aber natürlich auch mit ihren Installationen, bei denen sie die Abstraktion in den Realraum hob. Mit Bezug auf Kasimir Malewitschs Schwarzes Quadrat und die Tradition abstrakter Malerei arbeitet die Künstlerin seit langem an den Grenzen zwischen Malerei, Raum und Objekt, die sie zugunsten veränderter Perspektiven stets aufs Neue verschiebt.

Ihre jüngste Objektserie basierte ursprünglich auf der Idee, den Raum selbst in Falten zu legen, um so mit der strengen Geometrie modernistischer Formen zu brechen. Schon beim Betreten der Galerie wird allerdings deutlich, dass sich Stocker doch anders entschied: Auf dem Boden, an der Decke und den nach wie vor vollkommen intakten Wänden hängen mehrere schwarz-weiße Objekte, die sie ganz offensichtlich durch Zerknäueln in Form gebracht hat.

Oder eben in Unform: Stocker hat dafür riesige Papierbögen mit verschiedenen, für sie durchaus typischen, schwarz-weißen Mustern bemalt und danach durch "einfaches" Zerknittern und Falten in jene Objekte verwandelt, die man mit Papierknäuel am treffendsten beschreibt. Wie im Alltag, in dem man diese Technik meist dazu benutzt, um Geschriebenes unleserlich zu machen, löscht die Künstlerin damit sehr bewusst Informationen aus: Die von ihre verwendeten Linien und Quadrate werden durch das mehrfache Zerknittern und Falten der Bögen auf eine Weise verzerrt, die eine Identifikation der modernistischen Raster und Objekte nahezu unmöglich macht.

Auch die Hängung in der Ausstellung verdeutlicht, dass die Künstlerin die strenge, formale Reglementierung räumlich auflösen will: Anstelle einer fein säuberlichen Platzierung wirken die Objekte lose verstreut. Je nach Standort und Faltung erinnern sie manchmal an Steine oder blühende Knospen. Naheliegend ist jedoch auch die Assoziation mit Geschenktem, von dem sich nur das zerknüllte Papier erhalten hat. (Christa Benzer, DER STANDARD, 18.4.2013)