Mikrotomografische Scans der Köpfe von Fischlarven maßen die "Ohrsteine" im Inneren. Die werden bei Fischen aus vergleichsweise saurem Wasser offenbar dichter und größer als sonst.

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Miami/Wien - Die Emission von CO2 in die Atmosphäre hat nicht nur Auswirkungen auf das Klima. Auch die Meere nehmen das Kohlendioxid auf und der pH-Wert sinkt dadurch. Viele der zumeist negativen Auswirkungen dieser Versauerung der Meere, etwa auf Korallen oder Plankton, sind bereits erforscht. Ein Team um Sean Bignami von der University of Miami hat nun in einer im Fachjournal PNAS publizierten Studie die Folgen der Versauerung auf Fische untersucht. Das Ergebnis überrascht: Die Forscher fanden heraus, dass ein niedriger pH-Wert des Wassers die Hörfähigkeiten der Fische erhöhen könnte.

Bignami untersuchte mit seinem Team die Wahrnehmungsorgane von Cobias (Rachycentron canadum), großer Tropenfische, die von den Forschern in Wasser mit niedrigem pH-Wert, das zukünftige Bedingungen simulieren soll, aufgezogen wurden. Mittels eines speziellen Computertomographie-Verfahrens, das erstmals zu diesem Zweck eingesetzt wurde, entdeckten sie, dass die sogenannten Otolithen, "Ohrsteine", der Fische aus dem sauren Wasser dichter und größer als üblich waren. Bei den Otolithen handelt es sich um Kalkstrukturen im Innenohr von Fischen, die beim Hör- und Gleichgewichtsvermögen eine Rolle spielen. Laut der Studie nahm die Masse der Otolithen um bis zu 58 Prozent zu.

Die Forscher füttern nun ein mathematisches Modell der Otolithfunktion mit den gewonnenen Daten. Heraus kam, dass sich die Sensibilität des Gehörs potenziell erhöhte und die Hörweite um bis zu 50 Prozent zunahm. Besseres Hören könnte sich laut der Forscher positiv auf Navigations- und Kommunikationsfähigkeit der Fische auswirken. Gefahren könnte leichter ausgewichen werden. Es könnte aber auch sein, dass sie wichtige Geräusche nicht mehr so gut von Hintergrundgeräuschen unterscheiden können. Vor allem zeigt die Studie aber, dass die Versauerung der Meere Auswirkungen bereithalten könnte, die noch kaum abschätzbar sind. (pum/DER STANDARD, 20./21. 4. 2013)