Die KünstlerInnen hinter "Abstrial" - ganz konkret: Paola Bianchi, Pia Palme, Electric Indigo und Ivan Fantini (v.l.n.r.)

Foto: Markus Gradwohl

Eine Installation, eine Tanz- und Sprachperformance, live musizierende Komponistinnen und klassische SängerInnen - all das vereint das Genre übergreifende Stück "Abstrial", das am Donnerstag in Wien seine Uraufführung feiert. Der Name ist dabei Programm: Konkretes Material erfährt eine "Abstrahierung", indem es bewusst zergliedert und danach neu zusammengesetzt wird.

Flüchtige Prozesse

Das Ausgangsmaterial sind Stimmen, Texte, Körper - und Teig. So bildet in Gläser gefüllter, aufgehender Brotteig die Basis für die Installation des Künstlers und ehemaligen Spitzenkochs Ivan Fantini. Um das mysteriöse Cluster aus wanderndem Teig und Glas herum vollziehen sich die Performances von Tänzerin und Choreografin Paola Bianchi, von den Musikerinnen Pia Palme und Electric Indigo - allesamt Künstlerinnen mit einer feministischen Agenda - sowie vier klassischen SängerInnen (Bartolo Musil, Johanna von der Deken, Anna Clare Hauf, Eva-Maria Kumpfmüller).

Letztere werden von Komponistin Pia Palme auf ungewöhnliche Weise eingesetzt: Ein Bariton singt den Solopart, der als Audiopartitur via Kopfhörer an den Sänger übermittelt wird. Drei Frauenstimmen bilden daneben einen Chor, der nach herkömmlichen Partituren singt.

Rhythmischer Zerfall

Ebenso geht Musikproduzentin und DJ Electric Indigo, die unter anderem das Künstlerinnen-Netzwerk female:pressure betreibt, von Sprache und Stimme aus: Indem sie gesprochene Worte in kleinste Teilchen aufspaltet, entstehen abstrakte Klänge und Strukturen. Dabei spielt die auch die zeitliche Dimension eine wichtige Rolle: Texte der US-amerikanischen Dichterin Anne Waldman geben die Rhythmik der allgemeinen Dekomposition vor.

"Wir zerlegen das Material, um aus dem Zerfall der alten Bedeutungen Neues zu schaffen", wie Electric Indigo in einem Interview mit dem "mica"-Magazin erklärt. Zu erleben ist diese "postdramatische" Auflösung von Traditionellem - oder die "radikal zeitgenössische Oper", wie sie Pia Palme und Electric Indigo nennen - bis einschließlich Samstag im Wiener KosmosTheater. (red, dieStandard.at, 22.4.2013)