Europa baut an seiner eigenen Weltrauminfrastruktur: Wie das amerikanische GPS will Galileo 30 Satelliten ins All senden.

Illustration: ESA

Die Vermessung der Welt ist eine ewige Sehnsucht und eines der größten Projekte des Menschen. Wie sich Personen und Gegenstände verorten und am besten von A nach B bringen lassen, wird immer wichtiger und ist ein riesiges Forschungsterrain. So trifft sich noch bis morgen, Donnerstag, bei der Europäischen Navigationskonferenz (ENC) eine große Community. Heuer findet diese in Wien unter der Schirmherrschaft des Verkehrsministeriums statt.

Besonderes Augenmerk liegt auf Galileo, dem europäischen Pendant zum Global Positioning System (GPS) der USA. "Ab vier Satelliten, die gleichzeitig ein Signal senden, kann man eine Position bestimmen", sagt Robert Weber, Leiter des Instituts für Geodäsie und Geophysik an der TU Wien. Galileo erfüllt nun erstmals diese Anforderungen. Feierlich wird eine Positionsbestimmung präsentiert. Ein "Highlight der Konferenz" für Elisabeth Fischer von der Agentur für Luft- und Raumfahrt der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Erst letzte Woche ist sich die EU über die Finanzierung von Galileo einig geworden: Bis 2020 fließen 6,3 Milliarden Euro aus dem EU-Budget. " Bis Ende 2015 werden bis zu 26 Galileo-Satelliten im All sein", sagt Weber. Das System ist mit GPS kompatibel und technisch ähnlich. Dass Europa darauf erpicht ist, eine eigene Weltrauminfrastruktur aufzubauen, habe dennoch gute Gründe. Einerseits hänge ein riesiger Markt an " Location-based Services" und ihren Anwendungen in Verkehr und Tourismus. Andererseits gehe es um Unabhängigkeit. Die anderen globalen Satellitennavigationssysteme - auch China und Russland verfügen über eigene - seien militärisch kontrolliert. "Ein eigenes System ist etwas, das man in der Hand hat", sagt Weber und erinnert daran, wie viele Technologien heute auf GPS zugreifen. "Sogar unsere Computersysteme sind mit GPS-Zeit synchronisiert."

Mit GPS und dem endausgebauten Galileo werden den Benutzern bis zu 60 Satelliten zur Verfügung stehen. Dabei zielt man weniger auf höhere Genauigkeit als auf Robustheit und Sicherheit. Das ist bei sicherheitskritischen Anwendungen wie Verkehr, aber auch etwa Rettungshilfe entscheidend.

Weber wie auch Fischer betonen, die ENC sei eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. "Die Forschung reizt technologische Extremwerte aus. Die Industrie stellt Lösungen für die Anwendung vor", erklärt Weber.

Auch der weitere Ausbau der Systeme sei ein wichtiger Punkt, sagt Fischer, sowie mögliche Zusatzanwendungen der Satelliten, wie etwa zur Wetterbestimmung. Einfälle für neue Anwendungen der globalen Satellitennavigation sucht auch der Ideenwettbewerb "Galileo Master". Sie können noch bis 30. Juni eingereicht werden. (Julia Grillmayr, DER STANDARD, 24.04.2013)