Screenshot aus der "Werte-Fibel".

Screenshot: derStandard.at/burg

Integrationsstaatssekreträr Sebastian Kurz präsentierte am Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz jene Werte, die künftige Neo-ÖsterreicherInnen verinnerlichen sollen und laut Kurz derzeit in Österreich gelten. Alle neuen Zuwanderer, die nach Österreich kommen, sollen in den ersten Tagen die "Werte-Fibel" mit dem Namen "Zusammenleben in Österreich" in ihrer Muttersprache und auf Deutsch ausgehändigt bekommen.

Die Broschüre soll jene Inhalte vermitteln, die später auch beim Staatsbürgerschaftstest Thema sein sollen. Dieser Test soll reformiert werden. Zudem kündigte Kurz an, dass bereits bei der Verleihung des Aufenthaltstitels an den österreichischen Botschaften eine Erstbetreuung der Zuwanderer stattfinden soll. Dazu soll es regionale Beratungsstellen geben, sogenannte "Österreich-Zentren". Auch eine neue Homepage für Staatsbürgerschafts-Anwärter stellte der Staatssekretär vor.

Kurz will Willkommenskultur

"Trotz vieler Unterschiede bauen wir auf einem gemeinsamen Fundament: unseren Werten. Es liegt an uns, sich diese Werte bewusst zu machen und tagtäglich zu leben", schreibt Kurz im Vorwort der Broschüre. "Wir sind ein vielfältiges Land", sagte Kurz bei der Pressekonferenz. Es gebe viel Zuwanderung, eine Willkommenskultur sei wichtig. Die "Werte-Fibel" solle den Grundwertesockel Österreichs vermitteln.

Erarbeitet haben die Broschüre vor allem Christian Stadler, Rechtsphilosoph an der Universität Wien, und der Vorsitzende des Expertenrats für Integration, Heinz Fassmann. Sie ist mit dem Integrationsbeirat abgestimmt worden. Laut Kurz hat auch die SPÖ die Broschüre und die Reform des Staatsbürgerschaftstests abgesegnet.

Werte als "heikles Gebiet"

Stadler erklärte bei der Pressekonferenz, dass die Lernunterlage für den Staatsbürgerschaftstest und die "Werte-Fibel" auf den sechs Grundprinzipien der Bundesverfassung beruhen würden. Das sind Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat, Republik, Föderalismus und Gewaltenteilung. Es sei ein "heikles Gebiet", aus diesen Prinzipien Werte abzuleiten, trotzdem habe man sich auf ein Fundament für den Wertediskurs geeinigt. Dieses sei als Vorschlag für eine Diskussion zu verstehen. "Der Sinn ist es, die Grundstruktur des Staates zu vermitteln, und nicht: Was ist 'der Österreicher'."

Eine aktive Zuwanderungspolitik sei wichtig für das Einwanderungsland Österreich, sagte Fassmann. Derzeit würden viele Menschen jahrelang in Österreich leben, aber nicht die Staatsbürgerschaft annehmen. Man brauche eine einladende Zuwanderungspolitik mit freundlichem Gesicht.

Neuer Test

Ab wann der neue Staatsbürgerschaftstest zum Einsatz kommt, konnte Kurz noch nicht sagen. Es werde aber bereits in den nächsten Wochen so weit sein. Die alten Testfragen, die sich vor allem auf historische Fakten beziehen, sollen bis auf wenige abgeschafft werden. Der Fokus liege in Zukunft auf "Werten und Zusammenleben". Gefragt wird etwa "Was kennzeichnet einen liberalen Staat?" und "Was bedeutet der Begriff Demokratie?".

Die Broschüre versucht die Werte anhand von Beispielen zu erklären. Das klingt zum Beispiel so: "Stellen Sie sich vor: Es ist ein spannender Wettkampf, die Schwimmerinnen liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das Schönste kommt aber zum Schluss, wenn sie sich - egal wer als Gewinnerin hervorgeht - ihre gegenseitige Wertschätzung aussprechen. Beide Schwimmerinnen haben nach den gleichen Regeln gekämpft und können daher die Leistung der jeweils anderen anerkennen." Mit diesem Beispiel will Kurz des Prinzip "Rechtsstaat" vorstellen. Und: "Fairplay" sei die "Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit".

Zusammenhalt, nicht nur in Krisen

Im Kapitel "Prinzip Republik" heißt es "Frag, was du für die anderen tun kannst, nicht, was die anderen für dich tun können." Solidarische Zusammenarbeit sei nicht nur in Krisen notwendig, sondern bereits im Alltag. Die Bereitschaft, sich für andere einzusetzen und sich gegenseitig zu helfen, sei wichtig für den sozialen Frieden und den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Männer und Frauen gleichgestellt

Weiters geht es um Gleichberechtigung und Respekt, Selbstverantwortung und Solidarität. Auch von Menschenwürde, Freiheit und Demokratie ist in der Broschüre zu lesen. Konkret heißt es da: "Alle Menschen sind gleich an Würde. Diese ist unabhängig von Geschlecht, Alter, Bildung, Religion, Herkunft oder Aussehen." Weiters heißt es: "Frauen und Männer sind einander gleichgestellt, vor Gericht und auch bei Wahlen." Auch auf die Rechte der Kinder wird besonders verwiesen. (lis/burg, derStandard.at, 24.4.2013)