Das Corpus Delicti (Symbolbild).

Foto: volkswagen

Als Kind war ich schwierig. Als Jugendlicher dann unerträglich. Vieles von dem, was ich mir, der Umwelt und den Eltern antat, ist noch in der kollektiven Verdrängung vergraben und bedarf erst einer behutsamen Freilegung durch analytisch befähigte Experten.

Was offenliegt, sind die angerichteten Blechschäden. Dem Auto, also nicht irgendeinem Auto, sondern dem Lieblingsauto des Vaters Gewalt anzutun, das hatte etwas archaisch Schicksalhaftes. Dieses Ereignis hatte Größe.

Es war ein Käfer Cabrio, ich war 14, die Eltern waren auf Skiurlaub, die Großeltern aus der Steiermark waren zur Kinderhütung abberufen.

Mit lässigem Gruß

Niemand hatte die Autoschlüsseln weggesperrt. Und niemand hatte mir Autofahren beigebracht. Also war Selbsthilfe angesagt. Ich war Autodidakt, im eigentlichen Sinne.

Zum Glück war ich talentiert. Das Schalten hatte ich mir abgeschaut, Gas, Bremse, Kupplung spielten ineinander. Ich kurvte fröhlich durch Mauer, das Verdeck geöffnet, auf der Fahrt über den Hauptplatz grüßte ich mit lässiger Hand Nachbarn und Freunde meiner Eltern, in der trügerischen Annahme, sie würden schweigen.

Am Heimweg ergab sich auf der einspurigen Brücke allerdings eine schwierige Situation, die ein Manöver im Rückwartsgang bedingte. Das führte dazu, dass sich ein kniehoher, bis dahin nie wahrgenommener Pfosten am Ende der Brücke von hinten in den Wagen schob. Das Abstreiten der Ausfahrt wäre in der Folge lächerlich gewesen. Es war mein erster Blechschaden. Und ich stand dazu. Auch wenn es schmerzlich war. (Michael Völker, DER STANDARD, 26.4.2013)