Waren Sie schon einmal live bei einer eSports-Veranstaltung?

Foto: Screenshot/Youtube

Vor ein paar Wochen fragte ich während eines Abendessens meinen sehr geschätzten Kollegen Alexander Amon von Consol.at, wie ihm denn das neue "StarCraft 2: Heart of the Swarm" so gefällt. Es war eine dieser scheinheiligen Fragen, die darauf hinausliefen, dass ich meinen eigenen Senf zum Spiel abgeben wollte. Alexs professionelle Einschätzung kannte ich bereits und außerdem wusste ich nur zu gut um seine strategische Leidenschaft Bescheid.

Jedenfalls erklärte ich ihm, dass ich nach den anfänglichen zwei Stunden mit der Kampagne an irgendeinem Wochentag neugierig wurde, wie Profis mit den Neuerungen umgehen. Und so ließ ich das Schicksal der Zerg mal eben kurz links liegen und rief Youtube auf. Um 1:00 Uhr früh, bei einer halben Packung Solettis und Augenbrennen fand ich mich in unveränderter Haltung noch immer in den Bildschirm starrend. Auf die persönlichen Fortschritte in der Kampagne hatte ich längst gepfiffen und mich voll und ganz den emotional wie präzise moderierten Matches der Spitzenliga zugewandt. In den Händen der zumeist koreanischen Profis wurde das Spiel, das ich zuvor noch selbst mehr schlecht als recht bediente, zu einem mitreißenden Sport voll Taktik und spektakulärer Manöver. In den folgenden Wochen sollte ich noch viele Abende wie hypnotisiert vor dem Rechner zubringen.

(Video: "StarCraft 2: HotS": Life vs Flash - Game 1 - Grand Finals - MLG Dallas 2013)

Noch kein Fußball, aber...

In Alex fand ich bei jenem Abendessen einen Verbündeten. Verständnis für das, was sich den meisten meiner Freunde und dem Großteil der Menschen nicht erschließt. Als jemand, der noch zu Hochzeiten von Giga regelmäßig "WarCraft 3"-Matches verfolgte, bin ich heute über die Weiterentwicklung der eSport-Games ebenso erfreut wie die zunehmende Popularität - zumindest in der Gaming-Szene. Und dennoch frage ich mich heute wie damals, wann und ob das professionelle Videospielen den Mainstream erreicht. Haben in der (Millionen starken) Nische wahnsinnig erfolgreiche Spiele wie "StarCraft", "League of Legends", "Call of Duty" oder "DOTA" das Zeug dazu, eines Tages die Beliebtheit eines physischen Sports wie "Fußball" oder "Tennis" zu erreichen?

Das ist heute vielleicht noch etwas viel verlangt. Der Zugang zur Materie setzt im Vergleich zu einer Ballsportart vergleichsweise viel Wissen voraus, das einem im Alltag nicht unterkommt. Will man wirklich verstehen, was am virtuellen Spielfeld vor sich geht, muss man die Spielzüge nachvollziehen können und die von den Moderatoren mit der Schnelligkeit eines Maschinengewehrs repetierten Fachvokabeln und Abkürzungen kennen. Optisch und bei der Übertragungsqualität hat sich in der vergangenen Dekade hingegen sehr viel getan, um eSports-Begegnungen auch für Zuschauer attraktiver zu gestalten.

(Video: League of Legends: Season Two Finals Recap)

Reinschnuppern empfohlen

Ebenso haben die Turniere und die Ligen ein Niveau erreicht, das sich sehen lassen kann. Die Finalspiele der Major League Gaming und die World Cyber Games werden wie Weltmeisterschaften im Fußball oder Olympische Spiele aufgezogen - wenngleich auch im kleineren Rahmen. Doch nur um einen Anhaltspunkt zu geben: Das Meisterschaftsfinale von "League of Legends" vergangenen Oktober sahen über acht Millionen Menschen online, 8.000 fieberten vor Ort mit.  

Und wer weiß, was in 30 oder 50 Jahren sein wird? Vom französischen Treibballspiel bis zum geregelten 11 gegen 11 hat es auch einige Jahrhunderte gedauert. Ich persönlich kann nur jedem auch nur ansatzweise Interessierten empfehlen, in die Materie hereinzuschnuppern. Selbst auf die Gefahr hinaus, dass man anfangs praktisch nichts versteht oder von der lautstarken und gerne obszönen psychologischen Kriegsführung ambitionierter Shooter-Spieler abgeschreckt wird ;). Lassen Sie mich Ihre Erfahrungen mit der Welt des eSports wissen und vielleicht haben Sie ja den einen oder anderen Tipp für Neulinge oder ein Lieblingsmatch, das sie empfehlen können. GG. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 27.4.2013)

(Video: "Rage Compilation - Call of Duty European Championships")

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