Bild nicht mehr verfügbar.

Ehemalige Kanu-Olympiasiegerin Josef Idem (l.) wird Sport- und Frauenministerin, Cecile Kyenge (r.) wird künftig das Integrationsministerium leiten.

Foto: REUTERS/Remo Casilli

Rom - Nachdem in den vergangenen Jahren die Affären um Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi Italiens politisches Leben und die Medien dominiert hatten, scheint nun für die italienischen Frauen eine neue Ära angebrochen zu sein. Der neue Regierungschef Enrico Letta hat eine Rekordzahl an Frauen in das neue Kabinett in Rom gehievt und ihnen eine Quote von einem Drittel der Sitze anvertraut. Sieben Ministerinnen sitzen in der neuen Regierung in Rom - so viele wie noch nie in der republikanischen Geschichte des Landes.

Außenministerin Bonino: Rotes Tuch für Vatikan

Die neuen Ministerinnen nehmen zum Teil Schlüsselpositionen im neuen Kabinett ein, das aus der sozialdemokratischen PD (Demokratische Partei) und der Partei um den für seinen Macho-Allüren bekannten Ex-Premier Silvio Berlusconi entstanden ist. Die 65-jährige Emma Bonino übernimmt das Außenministerium. Sie wird mit der Aufgabe betraut, Brüssel von der Auflockerung des Sparkurses zu überzeugen, unter dem Italien in eine tiefe Rezession gestürzt ist.

Die aus dem Piemont stammende Spitzenpolitikerin der Radikalen Partei hat internationale Erfahrung als EU-Kommissarin gesammelt und genießt Sympathien in Kreisen des rechten Politspektrums. Ihr Aufstieg zur Außenministerin ist zum Teil überraschend. Wegen ihres Einsatzes für Scheidung, Legalisierung weicher Drogen und Abtreibung im Laufe ihrer politischen Karriere ist sie für die in Italien einflussreichen katholischen Kreisen ein rotes Tuch. Bonino stemmt sich außerdem heftig gegen den Einfluss des Vatikan auf die italienische Politik.

Ehemalige Polizeichefin leitet Justizressort

Auch die scheidende Innenministerin Anna Maria Cancellieri übernimmt ein Schlüsselressort in der neuen Regierung und wird Justizministerin. In dieser Rolle wird sie sich unter anderem um die Vollendung der Justizreform kümmern müssen, die ihre Vorgängerin Paola Severino in der Regierung unter Premier Mario Monti in die Wege geleitet hat. Die 70-jährige Ex-Polizeichefin Cancellieri wird den Forderungen Berlusconis Stand halten müssen, der das Justizressort für einen seiner Vertrauensleute beansprucht hatte.

Wegen der gegen ihn laufenden Prozesse ist Berlusconi seit Jahren mit Italiens Justizsystem auf Kriegsfuß. Cancellieri ist mit Europaminister Enzo Moavero das einzige Mitglied der bisherigen Technokratenregierung um Monti, die im neuen Kabinett weiterarbeitet.

Ex-Olympionikin wird Sport- und Frauenministerin

Viel Aufsehen sorgt Italiens neue Sport- und Frauenministerin Josefa Idem, die auf eine Bilderbuchkarriere als Kanu-Olympiasiegerin zurückblicken kann. Die im deutschen Goch am Niederrhein geborene 48-Jährige ist seit 1992 italienische Staatsbürgerin und hat vor zwei Monaten einen Sitz imrömischen Parlament als Deputierte der Demokratischen Partei erhalten.

Insgesamt nahm Idem an acht Olympischen Spielen teil, davon sechsmal für Italien. Noch im vergangenen Jahr hatte sie in London als erste Frau zum achten Mal an Olympischen Spielen teilgenommen.

Menschenrechtsaktivistin als Integrationsministerin

Ein Novum für Italien ist eine Ministerin afrikanischer Herkunft. Die 49-jährige Ärztin und Menschenrechtlerin kongolesischer Abstammung Cecile Kyenge rückt zur Integrationsministerin auf. Sie ist Sprecherin des Verbandes "1. März", der sich gegen Rassismus und für MigrantInnenrechte einsetzt.

Die Mutter von zwei Töchtern, die in der norditalienischen Region Emilia Romagna lebt, will sich als Ministerin für eine Reform des strengen italienischen Einwanderungsgesetzes einsetzen. Ferner will sie, dass neugeborene Kinder von EinwanderInnen automatisch die italienische Staatsbürgerschaft erhalten.

Berlusconi-Vertraute im Amt

Die Jüngste unter den Frauen im neuen Kabinett ist Landwirtschaftsministerin Nunzia Di Girolamo. Die 37-jährige Vertraute Berlusconis sitzt seit 2008 im Parlament und ist mit einem Abgeordneten aus den Reihen der rivalisierenden PD verheiratet. Die Parlamentarierin hatte Berlusconi wegen seiner Verwicklung in Sexskandale immer wieder vor der Kritik aus Frauenverbänden vor den Medien in Schutz genommen. Aus den Berlusconi-Reihen stammt auch die 42-jährige Beatrice Lorenzin, die zur Gesundheitsministerin avanciert.

Zur weiblichen Fraktion in der neuen Regierung Letta gehört auch die parteiunabhängige Mariachiara Carrozza; sie ist Bildungsministerin. Die 47-jährige Ingenieurin aus Pisa leitet die Elite-Universität Sant' Anna in Pisa. (APA/red, dieStandard.at, 29.4.2013)