Das Grundproblem ist unbestritten. Das Wachstum in Europa ist zum Erliegen gekommen. Ohne Wirtschaftswachstum wird es aber nicht gelingen, die Schuldenquoten zu senken. Deswegen aber gleich nach einer Aufweichung des Stabilitätspaktes und damit der Defizitziele zu rufen, ist maßlos übertrieben.

Warum? Länder wie Italien oder Frankreich, die sich am lautesten als Kritiker der Austeritätspolitik hervortun, haben ihre eigenen Möglichkeiten längst nicht ausgeschöpft. Im Gegenteil: Die französische Regierung hat im Vorjahr das Pensionsalter für Menschen mit langen Versicherungszeiten gesenkt - von 62 auf 60. Sogar Österreich hat erkannt, dass ein solcher Kurs auf Dauer nicht leistbar ist. Eine Arbeitsmarktreform, die helfen soll, junge Menschen in Beschäftigung zu bringen, wurde in Paris gerade erst in Angriff genommen. In Rom macht sich die neue Regierung daran - getrieben von Cavaliere Silvio Berlusconi -, Reformen des Vorgängerkabinetts zurückzunehmen.

Wenn die EU-Partner derartiges Missmanagement unterstützen würden, wäre das fahrlässig. Italien und Frankreich lenken nur von eigenen Fehlern bzw. handlungsunfähigen Politik-Systemen ab. Dafür Angela Merkel die alleinige Schuld zu geben, ist billig. Wenn es um begründete Verzögerungen beim Schuldenabbau ging, war Brüssel schon bisher zu Kompromissen bereit. Weitere Zugeständnisse sind nicht nötig. (Günther Oswald, DER STANDARD, 2.5.2013)