Salzburg steckt in seiner schwersten Krise seit 1945: ein Befund, den die Salzburger, die am Sonntag einen neuen Landtag wählen sollen, in den vergangenen Wochen hundertfach zu hören bekamen.

Im konkreten Leben sind die Auswirkungen des Spekulationsdesasters freilich (noch) nicht zu bemerken. Obschon ein Schuldenrucksack in Milliardenhöhe drückt: Die öffentliche Hand kommt ihren Verpflichtungen nach, sogar die zugesagten Subventionssteigerungen - meist handelt es sich um eine Indexanpassung - werden eingehalten. Außerdem kann ja auch noch niemand die tatsächlich eingetretenen finanziellen Verluste exakt beziffern.

Trotzdem hat der Finanzskandal schon jede Menge Schaden angerichtet. Die Krise ist zuallererst einmal eine Vertrauenskrise. Nicht einmal die jeweiligen Parteigänger sind noch von der Kompetenz ihres Spitzenpersonals überzeugt. Aber auch das Vertrauen in die Verwaltung ist tief erschüttert. Die Vorstellung, dass wir, wenn schon die Politik versagt, wenigstens beamtet einigermaßen gut verwaltet werden, ist dahin. "Es gilt die Unfähigkeitsvermutung", haben die Grünen das Ganze pointiert zusammengefasst.

Die Krise ist aber auch eine Krise der Politik. Im Wahlkampf wurde die Lähmung der Landespolitik deutlich wie noch nie. SPÖ und ÖVP waren primär damit beschäftigt, sich wechselseitig die Schuld an dem Finanzdebakel zuzuschieben. Die Opposition wiederum hatte alle Hände voll zu tun, wenigstens ein wenig Licht in das Dunkel der Finanzgeschäfte zu bringen.

Die Auseinandersetzung um Zukunftsfragen ist weitgehend auf der Strecke geblieben. Dabei ist die Liste der inhaltlichen Baustellen im Land lang. Sie reicht von den für viele nicht mehr finanzierbaren Lebenshaltungskosten - Stichwort Wohnungsnot - über ungelöste Probleme im Infrastrukturbereich - Flughafenausbau - bis zum täglichen Verkehrskollaps im Zentralraum. Der Verkehr ist ein gutes Beispiel: Die Frage einer Stadtregionalbahn für die Landeshauptstadt blieb im Wahlkampf so gut wie ausgespart.

Einige Lokalmedien haben dieses Defizit erkannt und versuchten es mit Bürgerforen auszugleichen. Das Ganze blieb aber rasch auf Leserbriefniveau stecken. Der Schaden wird am Wahlsonntag sichtbar werden: Viele werden den Wahltag rein als Tag des Protestes begreifen. Dass Wahlen aber vor allem Zukunftsentscheidungen darstellen, hat eine gelähmte Landespolitik zu selten kommuniziert. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 4.5.2013)