Jochen König: Fritzi und ich. Von der Angst eines Vaters, keine gute Mutter zu sein.
Herder Verlag 2013
Erscheinungstermin: 22. April

Foto: Herder Verlag

Autor Jochen König mit seiner Tochter Fritzi.

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Was tun, wenn man als Vater ein ungeplantes Kind will, aber die Mutter eher nicht? Da bleibt mann eigentlich gar nichts anderes übrig als selbst in die Hände zu spucken. Genauso plant es Wahl-Berliner Jochen König mit seiner Freundin, als sie noch schwanger ist: er wird das Kind nach der Geburt übernehmen, nicht halbe-halbe, nicht ganz allein, aber zum Großteil.

Das Buch "Fritzi und ich. Von der Angst eines Vaters, keine gute Mutter zu sein" erzählt, was aus diesem Plan in der Wirklichkeit wird. Soviel sei hier vorweggenommen: Im Großen und Ganzen schaffen es die drei, ihren Weg abseits der eingetretenen Pfade bestehend aus Zusammenwohnen und "Mama macht das schon" zu gehen. Ihr Weg in den ersten drei Jahren führt aber auch durch viele Streits, Ermattungszustände, zwischenzeitliche Trennungen und Existenzsorgen.

Lebe wohl, altes Leben

Jochen König ist 27, als er Vater wird. Im Freundeskreis des studierten Sozialpädagogen gibt es keine Eltern. Vor der Geburt seiner Tochter hat er das Berliner Nachtleben in vollen Zügen genossen. Nach der Geburt sitzt er mit seiner wenige Monate alten Tochter allein zuhause und kann nach 19 Uhr das Haus nicht mehr verlassen. Den Club Berghain sieht der Beinahe-Vollzeit-Vater nur noch von seiner Wohnung aus, die zufällig in der gleichen Straße liegt.

Abgesehen vom Lebensstil, den ein Kind immer durcheinanderbringt, hält König aber auch nicht mit gesellschaftlichen Beobachtungen hintan. Er sinniert über Geschlechterverhältnisse, die sich bei anderen Neo-Eltern in eine traditionelle Richtung verändern, über Fragen der richtigen Kleinkindernährung und ihre geschlechterpolitischen Implikationen, über nervenzerfetzende Amtswege, die seinen Status als verantwortungsvollen Vater nicht anerkennen und über die stets vorhandenen Existenzprobleme.

Popmusik über Elternprobleme

Vor allem letztere machen klar, dass das einstige "arm aber sexy"-Leben in Berlin mit Kind nur mehr bedingt sexy ist. Nicht von ungefähr kommen die Anfragen der Verwandten, wann er sich nach der Karenz denn endlich "wieder" ums Geldverdienen kümmern werde. Zu den neuen ökonomischen Verantwortlichkeiten gesellen sich aber auch noch emotionale Zerreißproben. Eines Abends, als der junge Mann nur noch auf dem Boden kauert und heult, ob seiner gefühlten Unfähigkeit, ein guter Vater zu sein, fragt er zurecht: "Warum gibt es so viele Songs über unerwiderte Liebe, aber keine Songs für überforderte Eltern?"

Wer ist die "Mutter von Fritzi"?

Vermutlich wurde diese Poplücke deshalb noch nicht gefüllt, weil sich in diesen emotionalen Ausnahmezuständen, die ja hauptsächlich von Müttern ertragen werden, keine mehr aufraffen kann, zur Feder zu greifen. König hatte dieses Problem glücklicherweise nicht. Trotz Kinderbetreuung, schwieriger Liebesbeziehung und beruflicher Neuorientierung schafft er es noch, sein Leben zu protokollieren. Schade ist nur, dass die "Mutter von Fritzi" in diesem Protokoll als Person nur recht schattenhaft vorkommt. Als Leserin erfahren wir nur, dass sie eine komplizierte Liebesbeziehung zum Vater führt, immer wieder mal auf Jobsuche ist und das gemeinsame Kind ein oder zweimal die Woche betreut.

Man könnte nun einwenden, dass König eben das eigene Empfinden und die Beziehung von Vater und Tochter in den Mittelpunkt stellen wollte. Dann ist es aber wieder seltsam, warum in dem Buch so minutiös aufgelistet wird, wann und in welcher Form die Mutter von Fritzi präsent ist.

Das Verhalten von Fritzis Mutter gibt dadurch ein paar Rätsel auf. Doch König macht nicht den Fehler, seiner Freundin Egoismus vorzuwerfen. Im Gegenteil. Er betont immer wieder aufs Neue, es sei seine Verantwortung, auch unvorhergesehene Probleme mit dem Kind, wie Krankheiten und dergleichen, allein zu meistern. Aber worin liegt dann eigentlich das Problem? Worüber muss das Paar so oft streiten?

Eltern sein ist anstrengend

Nach der Lektüre von "Fritzi und ich" wird klar, dass das Leben von "Mama Jochen" ziemlich anstrengend ist. Sein Buch ist deshalb keine Werbung für das Modell Alleinerziehen, es zeigt viel mehr auf, dass es auch für Männer trotz des symbolischen "was für ein toller neuer Vater"-Bonus kein Zuckerschlecken ist. König arbeitet auch schön heraus, dass das Eltern-Kind-Verhältnis in erster Linie ein Beziehungsverhältnis ist. "So liege ich im Bett und bewundere mein Glück", schreibt König im letzten Kapitel. Na siehste, der Kampf hat sich gelohnt! (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 7.5.2013)