Alles wie gehabt: Die Verurteilung von Silvio Berlusconi zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs sorgt in seinen Reihen für den gewohnten Chor der Empörung. Mit einer Kundgebung will seine Partei gegen die " Verfolgung durch die Justiz" protestieren. Der Cavaliere selbst bezeichnet das Urteil als "obszön", hält sich aber auffällig zurück. Erst vor wenigen Tagen hat der Expremier seinem militanten Anwalt Niccolò Ghedini mit Franco Coppi einen der bekanntesten Strafverteidiger Italiens zur Seite gestellt, der sich nicht für politische Zwecke missbrauchen lässt - ein Schachzug, der Rätsel aufgibt. Die Chancen, dass der als konservativer Hort geltende Oberste Gerichtshof das Urteil aufhebt, stehen nicht schlecht.

Der Cavaliere konzentriert sich derweil ganz auf die seinem Wunsch entsprechende große Koalition. Er hat kein Regierungsamt inne, zieht aber die Fäden und kann Premier Enrico Letta notfalls das Vertrauen entziehen. Politisch hat er nichts zu befürchten: Sein Rechtsbündnis führt in Umfragen unangefochten mit 33 Prozent.

Der zerstrittene Partito Democratico muss hingegen damit rechnen, bei Neuwahlen abgestraft zu werden. Berlusconi zwingt die Regierung nun zur Verwirklichung populistischer Versprechen und preist auf Plakaten bereits die Abschaffung der ungeliebten Immobiliensteuer an. Dass diese noch nicht beschlossen ist, gehört zu jenen Nebensachen, die den Cavaliere noch nie interessiert haben. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 10.5.2013)