Peter Pan und Wendy legen sich zum Sterben hin - in Angélica Liddells Festwochen-Auftragswerk.

Foto: Wagner-Strauß

Wien - Die Drastik ihrer Performancekunst löst Angélica Liddell in ihrem Auftragswerk für die Wiener Festwochen, Todo el cielo sobre la tierra (El síndrome de Wendy) - zu Deutsch: Der ganze Himmel über der Erde (Das Wendy-Syndrom) - erst im zweiten Teil des zweieinhalbstündigen Abends ein. Da hebt die spanische Performerin, die bereits zwei Mal in Wien zu Gast war, mit ihren scharf zugespitzten spanischen Konsonanten zu einer nicht enden wollenden, echauffierenden Suada gegen das ihr zugeteilte Leben an.

Die Verachtung für alles Glück der anderen, das sie nicht teilen kann und durch das sie sich gedemütigt sieht, spuckt sie in der Halle G im Museumsquartier angeekelt ins Mikrofon, schleudert ihre "stupido"- und " idiota"-Blitze gegen glückliche Mütter und ihre Verbrechen an den Kindern (die Aufführung taugt keinesfalls als Muttertags-Geschenk).

Irgendwann steht sie in ihrem goldig glitzernden Slip (der Mensch ist bei Liddell immer ein sexuelles Wesen) vor den leeren Stühlen des Orchesters und schreit hallend hinein: "All you need is love". Dieser kraftvolle Ich-Monolog über die Abscheu vor dem Zusammenleben und über die Sehnsucht nach dem Fremdsein liefert rückblickend die finstere Grundlage für Teil 1 des Abends.

In diesem schickt Liddell Peter Pans Wendy allein nach Schanghai, wo sie ein Tanzpaar beobachtet, das Straßenwalzer tanzt. Cho Young Wuk hat für die beiden ergreifende Walzermusik komponiert, die vom achtköpfigen Ensemble Phace uraufgeführt wurde.

Bedrohlich wirkt die Welt der kindlichen Erwachsenen (Peter Pan, Wendy), die sich um einen von Krokodilen heimgesuchten Erdhaufen ausbreitet. Sollte das die Insel Utøya sein, wie angekündigt? Diesen aufgesetzten Bezug zum Massenmörder Breivik hätte der Abend allerdings nicht gebraucht. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 11./12.5.2013)

Halle G, 11./12. 5., 20.30