Ein Beispiel für kunstvolle Jugendstil-Gitter auf einem Friedhof in Tiflis.

Foto: Tatjana Montik

Der in Wien lebende georgische Künstler Giorgi Okropiridse leitete ein Restaurationsprojekt.

Foto: Tatjana Montik

Wien/Tiflis - Nachdem Präsident Michail Saakaschwili 2003 an die Macht gekommen war, wurde sich Georgien zunehmend seines kunst- und kulturhistorischen Erbes bewusst, und es begannen Projekte zur Restaurierung der alten Bausubstanz. Als Mäzen trat oft der Milliardär Bidzina Iwanischwili auf; damals ein Mitstreiter Saakaschwilis, zählt der heutige Premierminister mittlerweile zu dessen erbittersten Gegnern.

Im Rahmen eines der Projekte führte eine Gruppe österreichischer Fachleute, geleitet von dem in Wien lebenden georgischen Künstler Giorgi Okropiridse, Restaurierungen von mehreren Objekten aus der Zeit des Fin de Siècle in Tiflis durch. Neben dem georgischen Kulturministerium waren daran das österreichische Außenministerium und die Tiflisser Kunstakademie beteiligt.

Auszug aus dem Projekt "Schmiedeeisengitter aus dem Jugendstil" der Wiener Werkstätte für Metallrestauration von Elisabeth Krebs und Claudia Magin: "Tiflis besitzt mit seiner noch vorhandenen Menge und Vielfalt an Jugendstilobjekten Kulturgüter, die aus konservatorischer Sicht einen unschätzbaren Wert darstellen. Beispiele dieser Zeitepoche sind nur in wenigen europäischen Städten in solch komplexer Weise erhalten. Die Gebäude im Zentrum von Tiflis zeigen zum Großteil noch ihr originales Erscheinungsbild. Fassaden mit Stuck, originale Fenster und Türen, Schmiedeeisengitter, Balkone und Treppengeländer sowie die oft noch erhaltenen Tapeten und Malereien in den Stiegenhäusern lassen die ehemalige Pracht der Jahrhundertwende erahnen. Derart reich gestaltete Stiegenhäuser finden sich in Europa nur mehr in Stadtpalais, und sie werden dort aufwändig restauriert."

Im Rahmen des Projektes untersuchte und fotografierte die Restauratorengruppe mehr als 500 Jugendstilgitter, Balkone, Vordächer, Tore, Türen und Metallobjekte aus der Jahrhundertwende. Danach wurden die ausgewählten Objekte zusammen mit einer Restauratorenklasse der Kunstakademie Tiflis auf ihre Originalfarbe hin untersucht und restauriert.

Projektleiter Okropiridse: "Weitere Projekte wären aus gesamtrestauratorischer und denkmalpflegerischer Sicht äußerst wünschenswert gewesen ... Doch alles scheiterte daran, dass die georgische Seite kein besonderes Interesse mehr bekundete."

Tatsächlich wurde in den letzten Jahren am äußeren Bild von Tiflis und anderen Städten viel getan. Ganze Stadtviertel von Tiflis wurden restauriert. Doch viele Fachleute bemängeln die Qualität der Arbeiten. So entstanden Potjemkin'sche Dörfer. (tm, Crossover, DER STANDARD, 14.5.2013)