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Puffs mit Plüsch aus dem 20. Jahrhundert verschwinden.

Foto: APA/Salome Kegler

Wien – Die wilde Wanda, der schöne Ederl – das Wiener Rotlichtmilieu wurde lange von klingenden Namen wie diesen geprägt. Doch die Spezies der goldbehangenen Strizzis, wie Zuhälter auf gut Wienerisch heißen, ist ausgestorben. Und niemand trauert ihnen nach. Am allerwenigsten Frauen, die der Prostitution nachgehen.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Sexgeschäft in der Bundeshauptstadt radikal geändert. Der derzeit laufende Rotlichtprozess (siehe Artikel) ist gewissermaßen ein Rückblick in die Zeit, als Straßenstrich und Gürtellokale noch fette Profite machten, vor allem wenn die Stadt große Kongresse beherbergte. Dazwischen wurde buchstäblich um die Vorherrschaft im Milieu gepokert – oder gekämpft.

Keine Schießereien mehr

"Heute haben wir keine Schlägereien unter Zuhältern mehr, keine Schießereien, keine Schutzgelderpressungen" , sagt Wolfgang Langer vom polizeilichen Referat für Prostitutionsangelegenheiten. Seit der Reform des Wiener Prostitutionsgesetzes sei die Rotlichtbranche zwangsläufig zum Business geworden, in das – nicht nur, aber vor allem – reiche Geschäftsleute investieren. Laufhäuser, wo Prostituierte Zimmer mieten, boomen. "In manchen Etablissements stehen 50, 60 Frauen auf der Warteliste", so Langer.

Saunaclubs und Laufhäuser

Derzeit sind in Wien etwa 3000 Frauen als Prostituierte angemeldet. Rund die Hälfte davon geht zur wöchentlich vorgeschriebenen Gesundenuntersuchung. Die andere Hälfte arbeite nicht illegal, sondern lasse das Geschäft ruhen, heißt es bei der Polizei – macht also rund 1500 offiziell aktive Prostituierte in Wien. Bereits 1100 davon gehen ihrer Arbeit in derzeit drei großen Saunaclubs sowie in Laufhäusern nach. Viele sind dort dauerhaft um rund 400 Euro pro Woche eingemietet. Puffs mit Plüsch aus dem vergangenen Jahrtausend haben keine Chance mehr.

Problemzone Prater

Die Polizei ist mit den nun leichter überprüfbaren Vorgaben für das Sexgeschäft zufrieden. Bei einer großen Kontrollaktion vergangene Woche gab es nur wenige Beanstandungen. Problembereich bleibt weiterhin der Wiener Prater, wo in einem bestimmten Bereich der Straßenstrich noch erlaubt ist.

Doch auch hier, wo sanitäre Einrichtungen komplett fehlen, sei eine starke Abwanderungstendenz bemerkbar. Vergangenes Jahr um diese Zeit boten bis zu 150 Frauen ihre Dienste auf dem Billigstrich an, momentan seien es rund 40. Auch Amtshandlungen wegen Menschenhandels im Zusammenhang mit Prostitution seien stark rückläufig. (Michael Simoner/DER STANDARD, 15.5.2013)