Berlin - Die Eurozone aber steckt in einer Rezession, auch Deutschland ist ihr nur knapp entronnen. Europas größte Volkswirtschaft wuchs im ersten Quartal nur um 0,1 Prozent. Die Unternehmen exportierten und investierten wegen der Schuldenkrise weniger. Zumindest die Konsumenten waren aber in Spendierlaune. Trotzdem reichte es nicht aus, um die ganze Währungsunion anzuschieben: Deren Wirtschaftsleistung schrumpfte mit 0,2 Prozent bereits das sechste Quartal in Folge - das ist die längste Durststrecke in der Geschichte der Eurozone. Die Misere trübt die Aussichten der deutschen Wirtschaft. Ökonomen senkten deshalb ihre Wachstumsprognose für 2013 und 2014 deutlich.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wurde von Jänner bis März 2013 zusätzlich durch den langen Winter gebremst, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Schnee und Frost legten viele Baustellen vorübergehend lahm. Das Wachstum fiel deshalb schwächer aus als von Ökonomen mit 0,3 Prozent vorhergesagt. Im Schlussquartal 2012 war die Wirtschaftsleistung allerdings mit 0,7 Prozent noch so stark gesunken wie seit dem Krisenjahr 2009 nicht mehr.

Wirtschaftsminister Rösler ist zuversichtlich

Der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler geht angesichts steigender Aufträge in der Industrie davon aus, dass die Schwächephase inzwischen überwunden ist. "Die deutsche Wirtschaft hat im Frühjahr wieder an Schwung gewonnen", sagte der FDP-Vorsitzende zu Reuters. "Es gibt allen Grund, zuversichtlich zu sein. Insbesondere der robuste Arbeitsmarkt und die gute Einkommensentwicklung stärken den privaten Konsum."

Volkswirte mehrerer Banken ihre Prognosen für die Entwicklung im Gesamtjahr - auch wenn das zweite Quartal besser werden dürfte als das erste. Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank betonte: "Ein großer Teil der Enttäuschung ist sicherlich auf den langen, harten Winter zurückzuführen, der die Bautätigkeit und Teile der Industrieproduktion bremste." Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer schätzt, dass das kalte März-Wetter die BIP-Zuwachsrate im ersten Quartal um bis zu 0,2 Prozentpunkte gesenkt hat: "Im zweiten Quartal dürfte die deutsche Wirtschaft stärker zulegen als im ersten Quartal, weil die Bauwirtschaft die wetterbedingten Ausfälle aufholen wird."

Das Statistikamt korrigierte am Mittwoch auch die Zahlen aus dem ohnehin schwachen Schlussquartal 2012 um weitere 0,1 Prozentpunkte nach unten. Nach den neuen Berechnungen schrumpfte die deutsche Wirtschaft zum Jahresende kräftig um 0,7 Prozent. Für das Gesamtjahr 2012 bestätigten die Statistiker einen BIP-Anstieg von 0,7 Prozent.

Unternehmer zurückhaltend

Die Zurückhaltung der Unternehmer trifft in der Regel den Maschinen- und Anlagenbau besonders heftig. Die deutsche Schlüsselindustrie hatte zuletzt von sinkenden Auftragseingängen berichtet, besonders das Inlandsgeschäft enttäuschte: "Dies erklärt sich (...) auch mit der Verunsicherung der Investoren", sagte der Chefvolkswirt des Verbands der Maschinenbauer, Ralph Wiechers.

Auch die Exporte konnten die Konjunktur zu Jahresbeginn nicht befeuern: Zwar wurden deutlich weniger Waren importiert als im Schlussquartal 2012, die Ausfuhren waren aber ebenfalls rückläufig. Maßgeblich verantwortlich für die schwache Auslandskonjunktur sei die Krise im Euroraum, betonte Gustav Horn vom Institut für Makroökonomie (IMK): "Es zeigt sich zunehmend, dass Deutschland sich dieser Krise nicht entziehen kann. Daher ist für das Jahr 2013 bestenfalls noch mit einer gehobenen Stagnation zu rechnen."

Im Vorjahresvergleich sank das preisbereinigte BIP im ersten Quartal kalenderbereinigt um 0,2 Prozent. Volkswirte hatten einen Zuwachs um 0,2 Prozent erwartet. (APA, 15.5.2013)