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Angela Merkels "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" schlägt Misstrauen entgegen.

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Der Wettbewerbspakt der deutschen Kanzlerin Merkel stößt beim österreichischen Kollegen Faymann auf begrenzte Sympathie.

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Wien - "Lohndumping, Sozialabbau und Privatisierung": All das sieht die Initiative "Europa geht anders" in geballter Form heranrollen. Zusammengeschlossen haben sich SPÖler und Grüne, Arbeiterkämmerer und Gewerkschafter, Attac-Aktivisten und katholische Arbeitnehmervertreter, um - wie der grüne Ökonom Bruno Rossman sagt - den "finalen Schritt einer fehlgeleiteten Politik" zu verhindern.

Die Österreicher stehen nicht alleine da, auch in Deutschland, Frankreich und Italien regte sich am Mittwoch in einer konzertierten Aktion Protest. Im Visier ist der "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit", den Angela Merkel im Jänner beim Weltwirtschaftsforum in Davos angekündigt hat. "Analog zum Fiskalpakt", so die deutsche Kanzlerin, sollten die Nationalstaaten Verträge mit der EU-Kommission schließen, um sich zu "Strukturreformen" zu verpflichten: "Dabei wird es oft um Dinge wie Lohnzusatzkosten, Lohnstückkosten, Forschungsausgaben, Infrastrukturen und Effizienz der Verwaltungen gehen."

Entwurf der EU-Kommission

Die EU-Kommission hat das Anliegen in einen Entwurf gegossen, der zwei Säulen definiert: Erstens sollen jene länderspezifischen Empfehlungen, welche die Kommission jetzt schon ausspricht, in verbindliche Abkommen gegossen werden. Zweitens wird für die Durchsetzung finanzielle Hilfe versprochen. Was Schlüsselfragen wie die Teilnahmeverpflichtung betrifft, bleibt das Papier vage. Die Rede ist von beidseitig akzeptierten Verträgen, mit denen auch die nationalen Parlamente befasst werden sollen.

Nichts verrät der Kommissionsentwurf über die Stoßrichtung der Reformen. Woraus die Kritiker dann das Ziel einer "zerstörerischen", weil neoliberalen Politik ableiten? Man sehe ja, was am Experimentierfeld der Krisenländer passiere, sagt René Schindler von der Gewerkschaft Pro Ge: Der Pakt ermögliche der Kommission, all die sozialen Einschnitte auch den anderen Staaten zu diktieren.

Aufgeschreckt hat die Gegner etwa Merkels Hinweis auf die Löhne, doch im deutschen Kanzleramt beruhigt man. Entgegen der Befürchtungen sei an eine "Zerschlagung der Kollektivverträge" nicht gedacht: "Die Bundesregierung beabsichtigt keinen Eingriff in die Tarifautonomie." Die Reformen sollten an die Lage des jeweiligen Staates angepasst werden - Art der Verfahren und Umsetzung seien noch offen. Beim Ratsgipfel Ende Juni hoffen die Deutschen auf die nächsten Schritte.

Kritik auf Beamtenebene

Widerstand regt sich allerdings auch auf Augenhöhe. Das österreichische Kanzleramt will derzeit nicht Stellung nehmen, verweist aber auf Verhandlungen auf Beamtenebene vom 25. April. Laut dem Protokoll, das dem Standard vorliegt, legten sich viele Mitgliedsstaaten quer - besonders gegen die Idee rechtlich verbindlicher Verträge. Es gebe " keinen allgemeingültigen Weg", wandten die Österreicher ein, man dürfe " gut funktionierende Modelle nicht durch aufgezwungene Maßnahmen zerstören".

Kanzler Werner Faymann solle nicht länger abwarten, wünscht sich die SP-Abgeordnete Sonja Ablinger, sondern klar sagen: "Das wollen wir nicht." (Gerald John, DER STANDARD, 16.5.2013)