Kamel "Mozart" (Camelus bactrianus) lieferte das Ausgangsmaterial für die genetischen Untersuchungen von Pamela Burger.

Foto: Thomas Lipp

Die Blutprobe eines einzelnen Kamels mit dem klingenden Namen "Mozart" lieferte das genetische Ausgangsmaterial für die Forschung von Pamela Burger. Die Forschergruppe rund um die Wissenschafterin vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna konnte nun einen wesentlichen Beitrag zur Sequenzierung des gesamten Kamelgenoms und somit zur genetischen Forschung an den Wüstentieren leisten.

Egal ob mit einem oder zwei Höckern ausgestattet, Kamele sind wertvolle Nutztiere in allen Wüstenregionen der Welt. Mit ihrer Fähigkeit, schwere Lasten über weite Strecken zu tragen, sind sie für eine Wüstendurchquerung ideale Transportgeschöpfe. Darüber hinaus können Kamele über Wochen ohne Wasser und Nahrung auskommen. Trotz karger Lebensbedingungen geben Kamele ausreichend Milch und spielen auch als Fleischlieferant eine wichtige Rolle.

Burger leitet europaweit eine der wenigen Forschungsgruppen, die sich mit Kamelgenetik beschäftigen. Die Wissenschafterin interessiert sich in erster Linie für die Domestizierung der Altweltkamele, die vor etwa 3.000 bis 6.000 Jahren stattgefunden hat. Im Laufe der Jahrtausende hat der Mensch Kamele auf bestimmte Merkmale hin gezüchtet. Welche Merkmale dies sind, soll mittels genetischer Studien erforscht werden. Burger war eine der ersten WissenschafterInnen, die das Genom eines Trampeltiers sequenzierte und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellte.

Der genetische Code der Altweltkamele war bis vor kurzem noch unbekannt. Genetische Forschung an den höckerigen Wüstentieren war somit erschwert oder oft sogar unmöglich. Das menschliche Genom, also die Gesamtheit der genetischen Information, wurde bereits 2003 sequenziert. Ebenso wurden in den letzten Jahren die gesamten Genome vieler Tiere und Pflanzen analysiert. Burger ist eine Vorreiterin bei der Erstellung dieser essenziellen Daten. Das genetische Material für ihre Forschung stammt von einem Trampeltier namens "Mozart" aus dem Tierpark Herberstein in der Steiermark.

Rückschlüsse auf die Domestizierung

Die Wissenschafterin konnte über die stückweise Sequenzierung des gesamten Kamelgenoms und der anschließenden Zusammensetzungen der analysierten Stücke (de novo assembly) einen Großteil des genetischen Code eines baktrianischen Kamels (Trampeltier) offenlegen. Im Kamelgenom wurden rund 116.000 sogenannte SNPs (Singe Nucleotide Polymorphismen) gefunden. Bei den SNPs handelt sich um einzelne veränderte Basenpaare an einem DNA-Strang. Auf der Basis von SNPs können Rückschlüsse auf Verwandtschaftsverhältnisse unter den Tieren gezogen und Zusammenhänge zwischen sichtbaren und genetischen Merkmalen analysiert werden. Mit den ermittelten genetischen Daten können nun die Domestizierung und damals angewendete Zuchtstrategien nachvollzogen werden.

Die ermittelten Daten führten auch zu einer erstmaligen Errechnung des Verwandtschaftsgrades zwischen Trampeltier (Camelus bactrianus) und Dromedar (Camelus dromedarius). Beide Kamelarten gehören der Gattung der Altweltkamele an und 85 Prozent der beim Dromedar bekannten Gensequenzen zeigen eine genetische Übereinstimmung mit dem Trampeltier. Burger erklärt: "Das genetische Material 'Mozarts' liefert uns die Grundlagen für weitere vergleichende Forschung auch mit anderen Kameliden, wie Dromedar, Lama und Alpaca." (red, derstandard.at, 28.05.2013)