Lambretta LN 125: Macht sich auch vor der Pratersauna gut.

Foto: derstandard.at/gluschitsch

Zu erkennen: Niedriger Durchstieg, ausreichend Fußraum.

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Der Stauraum für normale Sturzhelme ist sehr knapp bemessen.

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Die Infozentrale zeigt sich übersichtlich

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Was wie Metall aussieht, ist bei der Lambretta LN125 meist Plastik. Leider.

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Mit einem feinen kleinen Klatscher zerbröselt es eine italienische Wespe an der Frontschürze der Lambretta. Die Vernichtung der "Vespa", die findet bis dato so aber nur im Werbespot statt. Im realen Leben schauen die Fakten noch ein wenig anders aus. In ihrem ersten Jahr in Österreich, 2012, wurden gerade einmal acht Lambrettas zugelassen. Das sind genau 2.586 Roller weniger, als Vespa mit Nummerntafeln verschönert hat. Man muss aber auch sagen, dass Lambretta erst im Herbst 2012 wieder seinen Marktstart feierte. Dabei gehen beide Hersteller einen ähnlichen Weg.

Beide setzen sie auf Kult und Leidenschaft. Wunderschön ist sie ja geworden, die neue Lambretta. Alessandro Tartarini, der Sohn des Italjet-Gründers, hat sie gezeichnet, um die bis ins Jahr 1947 zurückreichende Geschichte von Lambretta wiederaufleben zu lassen. Ferdinando Innocenti hatte seinerzeit die Idee, ähnlich den Cushman-Bikes Fahrzeuge zu bauen. Gemeinsam mit Cesare Pallavicino baute er einen Prototypen, benannte ihn nach dem Fluss Lambro und war bald international erfolgreich.

Streit um Markenrechte

Wie Mac- und PC-Fans gingen in der Hochblüte der Roller Vespisti und Lambrettisti aufeinander los. Illegale Rennen waren dabei noch die glänzende Seite der Geschichtsbücher. Die Krankenblätter nach den Schlägereien füllen die Seiten im schwarzen Kapitel dieses Fanatismus. Auch nicht gerade strahlend ist die Geschichte um den Streit der Markenrechte, lange nachdem sich die Menschen lieber Autos als Roller kauften.

In Indien wurden bei Scooter India noch bis Ende der 1990er Jahre Lambrettas gebaut. "Die Fabrik hat ihren Ursprung bei Innocenti aus Italien, von wo sie die Maschinen, das Design, die Unterlagen und die Rechte kaufte. Das Unternehmen besitzt die weltweiten Rechte des Markennamens Labretta/Lambro", meint heute noch die Scooter India Limited. Die Streitereien fanden nach den Entscheidungen italienischer Gerichte inzwischen ihr Ende, und die Hersteller sind von Scooter India Limited autorisiert, Lambrettas herzustellen.

Entspannte Reise

Doch sitzt man auf der LN 125, merkt man nichts von dem Stress, den es im Hintergrund der Wiederauferstehung gegeben haben dürfte. Die Reise auf der Lambretta ist entspannt. Als ob man auf einer Zeitmaschine reitet, scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Nur die harten Stöße des Fahrwerks holen einen manchmal zurück in die Realität. Und dann verschwimmt kurz der rosa Blick, und man erkennt die kleinen Schwächen des Rollers.

Der 125er-Motor, der von SYM kommt, ist kein Kraftlackl, und die Bremsen sind alles andere als bissig. So schlimm ist das aber nicht. Lackierte Fingernägel sind auch eher schön als praktisch. Oder nehmen wir ein paar schöne Stöckelbock. Damit kannst weder g'scheit losrennen noch gach stehen bleiben - aber eine Prinzessin trägt eben keine Lauf-Latschen, weil sie gut aussehen und nicht schnell sein muss.

Licht und Schatten

Auf der Promenade der Stadt, im Geschlängel zwischen Eissalon, Kaffeehaus und Pratersauna ist man mit der Lambretta perfekt ausgestattet. Sie hat Stil, ist ein Blickfang und klingt auch noch recht gut. Schade ist nur, dass die metallisch wirkenden Applikationen rund um den Scheinwerfer, die Armatur und das Rücklicht aus billigem Plastik und nicht wirklich aus Metall sind.

Sehr gelungen ist die Sitzbank. Darauf sitzt man auch zu zweit sehr bequem. Der Fußraum hinter der Frontschürze ist generös bemessen, und der Durchstieg ist schön niedrig. Dafür geht aber der Stauraum ab. Einen normalen Helm bringt man nur mit Werkzeug und Gewalt unter die Sitzbank. Dafür zieren das edle Bürzel schon Gummi-Streifen, um dort Klumpat festzurren zu können.

Was bleibt am Ende? Die Lambretta ist kein Sportroller sondern vor allem schön und kultig. Die Krux liegt im fahrerischen und praktischen Detail. Unterm Strich schenkt sie der Vespa also nix und kämpft genau in der gleichen Liga. Nur besser verarbeitet wirkt sie dann doch, die Lambretta. (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 3.6.2013)