Wien - An einem veritablen "Loch" werkt die österreichische Künstlergruppe Gelatin aka Gelitin im Wiener Museum des 21. Jahrhunderts. Und alle, die erleben wollen, wie die in dieser Zeit entstehenden Skulpturen zustande kommen, können von Mittwoch bis Sonntag live dabei sein. Dann wird das Ergebnis als Ausstellung zugänglich gemacht.

Bisher haben die vier Gelatin-Männer einen acht Meter hohen, weißen Kubus aus massiven Styropor-Elementen in den Hauptraum, das "Atrium" des Museums gebaut. Ab Dienstagabend (Eröffnung 19 Uhr) werden sie mithilfe von Messern, Heißdraht und "mit bloßen Händen wie Maulwürfe" Löcher in den Block wühlen. Diese Aushöhlungen werden als Negativformen genutzt und mit Gips ausgegossen. So lässt sich, während die Künstler immer tiefer in den Kubus vordringen, eine Skulptur nach der anderen aus dem Styropor herauslösen. Damit das leichter geht, werden Stangen in den flüssigen Gips gesteckt. "Wenn der Gips hart ist, sehen die Formen aus wie große Lutscher", witzelt das Quartett.

Ziel des Projekts ist es, Skulpturen wie aus einer Tagbau-Mine zu gewinnen, und das vor Publikum als Sechs-Tage-Performance, die bis Sonntag täglich von 14 bis 20 Uhr von Live-Musik begleitet ist. Der von Architekt Norbert Schlesinger in den 60er-Jahren eigens für das ehemalige Zwanzgerhaus entworfene Bösendorfer-Flügel steht schon bereit. Auf der Deckfläche des Bergwerk-Monolithen ist allerlei Arbeitsgerät aufgebaut. Bis zum Glasplafond des Raums bleiben da noch mehr als zwei Meter Platz zum Arbeiten.

Musikalisch untermalt

Unterstützt werden Gelatin dabei von 16 Mitarbeitern. Die musikalischen Beiträge kommen von u. a. der isländischen Sängerin Ágústa Eva Erlendsdóttir, von Philipp Quehenberger und Lukas Lauermann aus Österreich sowie den Amerikanern Schuyler Maehl und Bree Zucker. Das Kunstmuseum verwandelt sich in eine Struktur aus, wie Direktorin Agnes Husslein-Arco erklärt, "Bühne, Atelier und Ausstellungsraum, in der Skulpturales und Performatives koexistiert".

Es zählt also nicht nur das Endprodukt in Form eines fertigen Objekts oder Kunstwerks, sondern auch der Vorgang und die Arbeit der Herstellung. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 4.6.2013)