Ginka Steinwachs als "Schwarze Botin" bei den Wiener Festwochen.

Foto: Robert Lehniger

Wien - Die Bühnenbildnerin und Theatermacherin Barbara Ehnes hat die Zeitschrift Die schwarze Botin für ein Projekt der Wiener Festwochen wiederauferstehen lassen. Sie hat eine Redaktionskonferenz der zwischen 1976 und 1987 in Westberlin erschienenen feministisch-literarischen Publikation anberaumt und dazu neben den Autorinnen der ersten Stunde Vertreterinnen der heutigen dritten Frauenbewegung geladen, um gemeinsam die Texte von damals auf ihre jetzige Gültigkeit zu überprüfen.

Dabei lassen es die Grandes Dames Ginka Steinwachs, Heidi von Plato und Mona Winter samt Verlegerin Marina Auder nicht an Akkuratesse mangeln. Sie alle haben literarische und wissenschaftliche Karrieren hingelegt und sehen heute selbstkritisch, aber ebenso selbstsicher auf ihre Arbeit zurück. Damit dieses in seiner Aufmachung an den Bachmannpreis erinnernde Podium im Wiener Schauspielhaus nicht zu eintönig gerät, hat Barbara Ehnes die Bühne mit einer Soundinsel (bespielt von Liesl Ujvary) und einer Videowand ausgestattet.

Über diese laufen Bildimpressionen von den 1970er-Jahre-Meetings in den Privatwohnungen, aber auch der Live-Kommentar der jungen Feministinnen (Doris Arztmann, Katharina Serles und Silke Graf) in Chat-Form. Einmal heißt es zur Gesprächssituation auf der Bühne leicht vorwurfsvoll: "mehr fragestunde als diskussion."

Die Streitpunkte sind erwartbar. Die Jüngeren werfen den Älteren vor, einen zu eng gefassten "Wir"-Begriff gehabt zu haben. Eine Frauenbewegung müsse grundsolidarisch sein, also auch gegen die Diskriminierung aufgrund von Rasse und Alter und gegen Ableism (Behindertenfeindlichkeit) eintreten. Auch wurde die generelle Männerfeindlichkeit des Feminismus der 70er-Jahre kritisiert, inklusive des Phallozentrischen (am Beispiel von Elfriede Jelineks Gedicht Phallus (H)). Ferner prallten Begriffswelten aufeinander ("normative Sperre", " generischer Maskulinismus") und waren sich die Generationen auch darüber nicht einig, ob es das Patriarchat heute überhaupt noch gibt. Die Älteren sagen Ja.

Die Genderstudies haben in den letzten dreißig Jahren gezeigt, um wie viel komplexer die Diskussionen heute geführt werden müssen. So gesehen haben die "schwarzen Botinnen" damals schon ganze Arbeit geleistet. Und es ist kein geringes Verdienst des Projekts, diese Arbeit (kritisch) zu würdigen und dafür eine bühnentaugliche Form gefunden zu haben. Aber: Mehr noch als der manchmal durchhängende Abend selbst überzeugt an der Schwarzen Botin der generelle Ansatz, den Konfliktaustragungsort Theater für künstlich erhöhte, wissenschaftliche Dispute zu nützen.  (Margarette Affenzeller, DER STANDARD, 7.6.2013)