Wien - Die in Justizkreisen bisher umstrittene Gesetzesbeschwerde wird nun doch breit mitgetragen. Dienstagfrüh wurden noch einige Änderungen gegenüber dem in der Vorwoche im Verfassungsausschuss beschlossenen Antrag vereinbart. Nun sind auch Grüne und BZÖ dabei, so dass im Nationalrat am Donnerstag ein Fünfparteienantrag von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und BZÖ zum Beschluss steht. Auch Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) stimmt der Neufassung zu - und die Richtervereinigung geht davon aus, dass man nun mit der Gesetzesbeschwerde "ganz gut leben" wird können.

Direkter Weg zum VfGH

Ziel der Verfassungssprecher der Parlamentsparteien war es, mit der Gesetzesbeschwerde den Rechtsschutz zu verbessern. Bürgern, die meinen, in einem Straf- oder Zivilverfahren wegen einer verfassungswidrigen Bestimmung verurteilt worden zu sein, wird (ab 2015) der direkte Zugang zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) eröffnet. Sie werden nach dem Urteil erster Instanz selbst beim VfGH einen Antrag einbringen können. Der VfGH muss dann binnen vier Monaten entscheiden, ob er das betreffende Gesetz auf Verfassungswidrigkeit prüft oder ob er den Antrag abweist.

Gegenüber der im Ausschuss beschlossenen Fassung gefallen ist die "Zumutbarkeitsbestimmung" - die einen Antrag auch noch nach einem OGH-Urteil ermöglicht hätte, wenn er zuvor nicht zumutbar gewesen wäre. Dies lehnten sowohl der OGH als auch die Richtervereinigung massiv ab, weil damit aus ihrer Sicht der VfGH letztlich doch über den OGH gestellt worden wäre.

Rechtsschutz verbessern

Für die Grünen war wichtig, dass die Ausnahmen beschränkt werden - nur in den Bereichen Insolvenz- und Exekutionsrecht sowie Firmen- und Grundbuch sollen keine Gesetzesbeschwerden möglich sein - und dass nun doch keine "Mutwillensstrafen" kommen. Diese hätten beim Verdacht gedroht, dass es bei der Gesetzesbeschwerde nur darum geht, das Verfahren (und damit z.B. die Zahlung einer Geldstrafe) zu verzögern. Verfassungssprecherin Daniela Musiol ist zuversichtlich, dass mit dem jetzt ausverhandelten Instrument der Rechtsschutz verbessert wird.

Eine weitere Änderung wird noch vorgenommen: Nicht nur Bürger, auch die Gerichte erster Instanz sollen sich direkt an den VfGH wenden können. Diese können bisher nur Anträge bei den Obergerichten anregen.

Anliegen der Justiz berücksichtig

Justizministerin Karl begrüßt - laut ihrem Sprecher Christian Wigand -, dass in den letzten Verhandlungen sämtliche Anliegen der Justiz berücksichtigt worden seien. Nunmehr könne man davon ausgehen, dass es nicht zu wesentlichen Verfahrensverzögerungen kommen werde. Den ursprünglichen Entwurf hatte sie abgelehnt. Denn der hatte die Gesetzesbeschwerde erst nach dem OGH-Urteil vorgesehen - was die Verfahren stark verzögert hätte.

Auch OGH-Präsident Eckart Ratz räumt ein, dass die jetzt zum Beschluss stehende Fassung "im Verhältnis zum ursprünglichen Entwurf zweifellos ein geringeres Hindernis für die rasche Abwicklung von Verfahren" darstellen werde. Im übrigen "habe ich nichts mehr zu sagen, weil ich die Autorität des Gesetzgebers akzeptiere", sagte er gegenüber der APA.

Richtervereinigung erleichtert

Erleichtert ist die Richtervereinigung, die am Montag noch eindringlich vor einem "Schnellschuss" gewarnt hatte. Zwar hält Präsident Wolfgang Zinkl das neue Instrument nicht für unbedingt nötig. Aber nun liege immerhin eine "vernünftige Lösung" vor, mit der die Gerichtsbarkeit "ganz gut leben wird können". Er begrüßte, dass "die Verantwortlichen auf die Bedenken und Einwände der richterlichen Standesvertretung eingegangen sind".

Die Verfassungssprecher von SPÖ und ÖVP, Peter Wittmann und Wolfgang Gerstl, freuen sich über das gute Ende der monatelangen zähen Verhandlungen. Sie waren nicht nur in im OGH und der Richterschaft, sondern auch in ihren Parteien - bei den Justizsprechern - auf einigen Widerstand gestoßen. (APA, 12.6.2013)