Die Villa Verdin ist ein Zuckerbäckerschlösschen aus dem 19. Jahrhundert. In einem Park direkt am See gelegen, mit Türmchen, Erkerchen, Giebelchen, bunten Dachziegeln, sieht es aus der Entfernung wie eine Zeitmaschine aus. Es nähme nicht Wunder, sähe man Mädchen in weißen Spitzenkleidern beim Ballspiel im Park oder Damen unter Sonnenschirmchen die Promenade entlangflanieren, hektisch umrundet von einem Dackel namens Max, der den Hausherrn des Morgens auf die Pirsch begleitet.
Im Inneren erwartet man Biedermeier- oder Jugendstilmöbel, eine Köchin mit Schürze. Weit gefehlt, aber so weit auch wieder nicht. Wohl gibt es einen Koch, der trägt auch eine Schürze, allerdings ist ein nackter Männertorso draufgedruckt. Und die verspielten Bewohner werden von urbanem Volk gegeben, die in diesem Minihotel das Wochenende oder mehr verbringen.
Weitestgehend entbiedermeiert
Das Interieur ist weitestgehend entbiedermeiert. Ein liebenswürdiges Möbelsammelsurium aus mehreren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, Trödel, Antikes und Selbstgestricktes bunt gemischt. Das Geschirr ist gleichermaßen zusammengewürfelt, kaum ein Teller ist wie der andere. Weiter geht's am Strand. Ein merkwürdiges rosa Schlauchboot ist der größte Funfaktor an der Mikroriviera. Ansonsten: Strohhüte zum Ausborgen, eine kleine Bar, an der man sich zwischendurch eine Mortadella-Semmel besorgt, und eine besonders angenehme Musiktapete zwischen Bossanova und zurückhaltendem Clubsound.
Über dem Ganzen schwebt die lässige Unbekümmertheit einer WG, getragen von der Experimentierfreude einer Klasse Kunststudenten. Ob kalkuliert oder unfreiwillig - ist letztlich ja auch egal -, damit liegt die Villa Verdin in der Tradition der bürgerlichen Sommerfrische des 19. Jahrhunderts. In deren Rahmen versuchte man, den städtischen Haushalt mit allem Klimbim aufs Land parallel zu verschieben. Jeder Ex-WGler fühlt sich hier auf der Stelle zu Hause. Das Niveau ist selbstverständlich nicht WG-mäßig. Bei aller Verspieltheit schläft man natürlich nicht im selbst gebauten Hochbett, sondern in einer Schlafstatt von gutem Hotel-standard. Das Essen ist österreichisch mit Italo-Hauch, kommt den urbanen Geschmäckern entgegen, ist aber weder überkandidelt noch anbiedernd.
Und so begegnet man hier Menschen, die diese Art von Romantik unter der Woche in ihren coolen Lofts und ihren Designer-Schreibtischen vermissen, ihr Qualitätsbewusstsein aber nicht Freitagabend mit der Krawatte ablegen. Und für die GTI-und andere Treffen, wie sie etwa am Wörthersee stattfinden, nicht gerade ein Magnet sind.