Grafik: STANDARD

Der Handlungsspielraum für Führungskräfte hat sich - angeschoben durch die Finanzkrise - deutlich verengt. Die Wirksamkeit engmaschiger Kontrollen ist erkennbar, die Angst der Führungskräfte vor Strafen ebenso. Die eigene Wahrnehmung der Führungskräfte, wie auch jene der Öffentlichkeit auf das, was geboten und verboten ist, wird geschärft.

Wie Führungskräfte im Spannungsfeld von Gewinnstreben und gesellschaftlicher Verantwortung agieren und wie sie mit den gewachsenen Kontrollaufgaben umgehen, erhob eine Meinungsumfrage im Auftrag des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer (iwp) und die Kammer der Wirtschaftstreuhänder: "Kontrollbarometer 2013". Durchgeführt wurde die Umfrage von Karmasin Motivforschung. 100 Führungskräfte, Vorstände, Aufsichtsräte, Bereichs- und Abteilungsleiter wurden befragt.

Ein wenig Läuterung schwingt mit, sieht man auf die fünf wichtigsten Gründe, die die Befragten für wirtschaftliche Schwierigkeiten verantwortlich sehen: 61 Prozent nannten "falsche Markteinschätzung der Unternehmensführung" und "falsche strategische Ausrichtung des Unternehmens" als Hauptgründe, gefolgt von "Nichterkennen negativer Entwicklungen" (49 Prozent) und "falsche Besetzungen von Schlüsselpositionen" (48 Prozent) (siehe Grafik). Auch das Thema "mangelnde Kontrolle" ist unter den Top Five zu finden - ein Zeichen für das steigende Bewusstsein für die Wichtigkeit effizienter Kontrolle in einem Unternehmen, so die Studienautoren.

Auch die Einführung von Compliance-Richtlinien zur Unternehmenssteuerung scheint Wirkung zu zeigen: So gibt etwa ein Fünftel aller Befragten an, im vergangenen Jahr aufgrund von Compliance-Richtlinien sogar auf Aufträge verzichtet zu haben. Für 64 Prozent gab es diesbezüglich keine Konflikte, heißt es weiter.

Compliance und Transparenz

Das Kontrollbewusstsein ist, laut Untersuchungsergebnissen, unter Führungskräften höher (62 Prozent) ausgeprägt als unter Mitarbeitern (38 Prozent). Dies mag einerseits daran liegen, dass dies ein Ausdruck "selektiver Wahrnehmung" dafür ist, was alles zu kontrollieren sei oder sein sollte, so die Studienautoren dazu - es könnte allerdings auch mit der wachsenden Verantwortung, die auf Führungskräften liege, und dem Risiko, in Haftungsproblematiken verwickelt zu werden, in Zusammenhang stehen. Bei der Kommunikation der Kontrollaufgaben und -pflichten "nach unten" wird verstärkt Handlungsbedarf geortet.

Die meisten Kontrollen in den befragten Unternehmen gibt es in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, gefolgt vom Einkauf und der Produktion. Als "bedenklich" bezeichnen die Studienautoren das "niedrige Kontrollbewusstsein der Führungskräfte in Bezug auf den IT-Bereich".

Auf die Frage, was wichtiger sei: der Geschäftserfolg oder die vollständige Einhaltung von Kontrollvorgaben, konnten die Studienautoren keine eindeutige Antwort destillieren. Vielmehr sprechen sie von einer Dreiteilung der Führungskräfte: "Ein starkes Drittel votiert für die unbedingte Einhaltung von Kontrollvorgaben, ein Drittel entscheidet sich für den Geschäftserfolg", heißt es. Und das dritte Drittel bewege sich in der Zone dazwischen. Und: Eine Kontrolle der Kontrolle gibt es auch. Mehr als 50 Prozent der Führungskräfte gaben an, ihre internen Kontrollsysteme von externen Experten prüfen zu lassen. Entsprechend viele Befragten (61 Prozent) gaben an, keine Gesetzesverstöße erlebt zu haben.

Die Wachsamkeit ist entsprechend hoch, wenn man als Führungskraft für jede Form von relevantem Vergehen haftbar gemacht werden kann. Werden dennoch Regeln gebrochen, reagiert man am häufigsten mit Abmahnungen (49 Prozent) und zusätzlichen Kontrollen (46 Prozent) bzw. einer Überarbeitung der Vorschriften (41 Prozent).

Transparenz auch in Richtung Öffentlichkeit sei zentral: Ein Unternehmen könne nur dann gewinnen, wenn es die Öffentlichkeit an seiner Seite habe. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 15./16.6.2013)