Anwältin Jesselyn Radack und die drei ehemaligen NSA-Mitarbeiter sind von PRISM nur wenig überrascht

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Die Öffentlichmachung des US-Überwachungsprogramms PRISM hat nun auch dazu geführt, dass sich ehemalige NSA-Mitarbeiter zu Wort melden. Die drei Herren gehören selbst zu jenen, die Geheimnisse der NSA bekanntgegeben haben. Thomas Drake, William Binney und J. Kirk Wiebe erklären in einem Interview mit USA Today, was sie von Edward Snowdens Leaks halten.

Wie Verbrecher behandelt

Die drei NSA-Veteranen sollen bereits Jahre zuvor immer wieder von der Überwachung von US-Bürgern berichtet haben. Diese Systeme, die der Überwachung dienen sollten, sind auch mit ihrer Hilfe aufgezogen worden. Sie haben sich daraufhin bei ihren Vorgesetzten beschwert, bei Behörden, dem US-Congress und schließlich bei den Medien. Dafür mussten sie unter anderem ihre Karrieren an den Nagel hängen und wurden teilweise wie Verbrecher behandelt.

Illegale Aktivitäten

In Snowdens Leaks sehen sie nun ihre Angaben bestätigt. Gemeinsam mit der Anwältin Jesselyn Radack sprechen sie über die Auswirkungen dieses Programms und haben sogar einige Tipps für Snowden parat. Wenn es nach den drei ehemaligen NSA-Mitarbeitern geht, hat Snowden genau das Richtige getan. Wäre er anonym geblieben, könnte es sein, dass die Anschuldigungen nicht ernst genommen wären. Erst jetzt könnte die Diskussion offen ausgetragen werden. Es handle sich um illegale Aktivitäten, die ans Tageslicht gekommen sind. Snowden sollte im Falle der Wahrheit dafür nicht wie ein Verbrecher behandelt werden.

Held oder Verräter?

Ein wenig Kritik haben die drei für Snowden trotzdem übrig. Er würde etwas zu weit gehen mit den Anschuldigungen. Binney bezieht sich dabei auf Snowdens Aussagen, dass die USA regelmäßig chinesische Rechner angreife. Ob er ein Held oder ein Verräter sei, darauf wollte sich keiner der drei Interviewten so recht festlegen.

Wenig Überraschung

Dass es den USA nachhaltig Schaden verursachen könnte, glaubt Wiebe hingegen nicht. Er meint, dass die US-Amerikaner wenig überrascht wären von den Enthüllungen. Auch andere Länder hätten sich schon längst darauf eingestellt, von den Amerikanern bespitzelt zu werden. Jetzt ist es offiziell, was aber nichts daran ändere, dass die USA diese Überwachung betreibt.

"Institutionalisiertes Verbrechen"

Die Überwachung selbst sehen die drei nach wie vor mit skeptischen Augen. Die Telefon-Daten, die der Mobilfunker Verizon an die NSA überreiche, würden zum Großteil völlig ohne Grundlage weitergegeben werden. Das würde einerseits offiziell durch Anfragen des FBI passieren und auf der anderen Seite durch eine generelle Weitergabe an die NSA. Diese Daten können 12 Jahre im Nachhinein analysiert werden. 40 Unternehmen sollen dabei als Datenlieferanten dienen, Binney geht aber aufgrund der NSA-Nummerierung des geleakten Dokuments davon aus, dass es sogar 80 sein könnten. Drake bezeichnet dies als "institutionalisiertes Verbrechen".

Streng geheim

Dass Snowden Zugang zu den Dateien gehabt hatte, überrascht Binney wenig. Snowden diente quasi als Super-User und hatte Zugang zu sämtlichen Datenbanken. Theoretisch hätte er auch alles über den Präsidenten erfahren können, wenn er gewollt hätte. Dass hierbei Daten von US-Bürgern nicht gespeichert werden, hält Drake deshalb für eine Lüge. Die rechtlich abgesicherten FISA-Anfragen seien ebenfalls fragwürdig, da Richter keinen Einblick in die Gründe hätten, warum die Daten von jemandem herausgegeben werden sollten – alles streng geheim. Dass Barack Obama selbst oder der Kongress davon nichts wüssten, sei durchaus wahrscheinlich.

Dank an Snowden

Die drei Herren sprechen auch davon, dass Edward Snowden das gleiche Schicksal widerfahren könnte wie WikiLeaks-Informant Bradley Manning. Sein Ansuchen auf Asyl in einem anderen Land sei durchaus berechtigt, es könnte nämlich zu einer regelrechten Hetzjagd kommen. Anwältin Radack würde Snowden sogar für seine Enthüllungen danken, die sie nun bestätigen. (red, derStandard.at, 17.6.2013)