Graz – Die vom Satiriker Kurt Tucholsky gestellte Frage "Was darf die Satire?" lässt sich ohne Weiteres auf die Ausstellung "Holocaust als Comic" oder Graphic Novel ummünzen – "darf man das?" Die Antwort von Ausstellungsmacher Ralf Palandt und den Kuratorinnen Daniela Kaufmann und Natalia Bauernhofer – die die Schau nach Graz geholt haben – lautet: ja. Comics gelten nicht mehr als belustigend und oberflächlich, Verlage haben sich zusehends der Darstellungsform in Gestalt der Graphic Novel angenommen – und viele der Geschichten haben die Erinnerungen von Überlebenden selbst als Grundlage des Erzählens. Etwa die Geschichte des polnischen Juden Martin Gray, das in "Der Schrei nach Leben" von dem franko-belgischen Duo Gillon und Cothias visualisiert wurde. Die Schau wurde am Montagabend in Unimuseum Graz eröffnet.

Schwarz-weiß und holzschnittartig

Von der Originalschau wurde laut dem Kommunikationswissenschaftler Palandt einiges weggelassen, dafür wurde sie um die Graphic Novel "Der Himmel zwischen den Mauern" der steirischen Architektin und Grafikerin Hannelore Greinecker-Morocutti erweitert. Wie viele der Bild-Geschichten, die sich gänzlich oder in einem Handlungsstrang mit der Shoah beschäftigen, ist sie in schwarz-weiß gehalten und wirkt holzschnittartig. Darin erscheint das jüdische Mädchen Lea Weizenbaum einer Reisenden in einem Warschauer Hotel der Gegenwart, nimmt sie an der Hand und führt sie in das Warschauer Ghetto der 1940er Jahre.

Den Anfang machten die US-Amerikaner: "Superman" und "Captain America" kämpften in Propaganda-Strips gegen die Nazis und Hitler persönlich, "Superman" trifft dabei eine Gruppe Widerstandskämpfer, die aus einem KZ ausgebrochen sind. Ein spezieller Fall ist "Sergeant Fury", eine Schöpfung von Marvel Comics, der in "Triumph in Treblinka" bei einem Massenausbruch hilft.

"Tobias Seicherl und Struppi" von Ladislaus Kmoch

In der Schau zu sehen ist eine österreichische Besonderheit: "Tobias Seicherl und Struppi", das aus der Feder von Ladislaus Kmoch floss und im sozialdemokratisch orientierten "Das Kleine Blatt" seit 1930 erschien, als Comic-Strips in Tageszeitungen in Europa noch eine ausgesprochene Rarität waren – im Gegensatz zu US-Blättern, die nicht ohne sie auskommen konnten. Seicherl, ein glühender Nazi aus Wien, aber im Gegensatz zu seinem Hund Struppi nicht sehr helle, gab seine Parolen in Wiener Dialekt von sich und fiel dabei immer wieder auf die Nase. Nach dem Bürgerkrieg 1934 wurde die Serie auf Druck der Vertreter des Ständestaates zusehends zu einem unpolitischen, lustigen Comic, nach dem März 1938 erschien "Seicherl" bis 1940 nur noch selten. (APA, 18.6.2013)