Wien - Bundespräsident Heinz Fischer hat erneut Kritik an der im Rahmen des Demokratiepaket geplanten Einführung von automatischen Volksbefragungen geübt. "Besonderes Unverständnis" äußerte Fischer in einem Interview mit der Tageszeitung "Kurier" (Sonntagsausgabe) über das Vorhaben von SPÖ, ÖVP und Grünen, "die vermutlich gravierendste Verfassungsänderung der Zweiten Republik ohne Begutachtungsverfahren durchzuführen".

"Wer der Meinung ist, gute Argumente für diesen gravierenden Einschnitt in die Grundprinzipien des Parlamentarismus zu haben, muss sich weder vor einem Begutachtungsverfahren noch vor einer tief reichenden Diskussion mit Verfassungsexperten fürchten," so Fischer. Es gebe keinen Einwand dagegen, Instrumente der direkten Demokratie als Korrektiv bei parlamentarischen Entscheidungen einzusetzen.

Jedoch würde es "wertvollen und wichtigen Elementen einer parlamentarischen Verhandlungsdemokratie widersprechen, wenn Texte eines Volksbegehren, dessen Autoren niemandem verantwortlich sind, im Wege einer Volksbefragung direkt in die Bundesgesetzgebung gelangen können."

Opposition reagiert mit Unverständnis

Die Kritik von Fischer an der Einführung verpflichtender Volksbefragungen nach ausreichend unterstützten Volksbegehren und sein Wunsch nach einer Begutachtung stoßen bei der Opposition auf Unverständnis. FPÖ, Grüne, BZÖ und Team Stronach plädierten in Aussendungen einhellig für mehr direkte Demokratie.

Für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Fischer offenbar Angst vor Entscheidungen des Volkes. Die nun geplante Aufwertung von Volksbegehren sei noch immer nicht weitreichend genug, aber "immerhin ein Schritt in die richtige Richtung".

Grüne: "Bizarr anmutende Auffassung"

Die Grüne Daniela Musiol fragte sich, wie Fischer zur "bizarr anmutenden Auffassung" komme, dass der Text eines Volksbegehrens ungefiltert in Gesetze Eingang finden werde. "Die Angst vor der Automatik sitzt in den Köpfen der RegierungspolitikerInnen, aber nicht im aktuellen Gesetzesvorhaben."

BZÖ-Verfassungssprecher Herbert Scheibner werte die Forderung Fischers nach Begutachtung des Initiativantrags angesichts der vorhergegangenen jahrelangen Diskussion als "merkwürdig". Angesichts der damit verbundenen Verzögerung stellte er Schützenhilfe für die SPÖ, die diese Initiative in Wahrheit nicht wolle, in den Raum.

Klubobmann Robert Lugar vom Team Stronach verbat sich die Einmischung des Bundespräsidenten. "Das Volk hat das letzte Wort", das müsse auch Fischer einsehen. (APA, 23.6.2013)