Wien – Die Alpine-Pleite könnte am Dienstag ein Konjunkturpaket in Bewegung setzen. SPÖ und ÖVP rangen am Montag bis in die Abendstunden um ein Programm, das vor allem dem Bau- und Baunebengewerbe zu gute kommen soll. Auch wenn rhetorisch am Montag die Feindseligkeiten zwischen den Koalitionspartnern dominierten, galt es zuletzt als durchaus möglich, dass man am Dienstag beim Ministerrat etwas vorlegen wird können.

Spießen könnte es sich am Geld bzw. am dem anlaufenden Wahlkampf geschuldeten Kampf um die Deutungshoheit, wer sich denn nun durchgesetzt hat. Die SPÖ pochte jedenfalls am Montag unverändert darauf, dass das von Kanzler Werner Faymann (SPÖ) samstags beim Kärntner SP-Parteitag verkündete 500 Millionen-Paket finanzierbar sei.

Um wieviel Geld es geht

Im ersten Jahr der Laufzeit stünden nach Berechnungen der Sozialdemokraten gar 800 Millionen zur Verfügung. An Einmaleffekten erwartet die SPÖ mindestens 250 Millionen aus der Versteigerung der Mobilfunk-Frequenzen, 100 Millionen seien vom Wirtschaftsministerium in Aussicht gestellt (knapp die Hälfte davon aus Rücklagen der Immobiliengesellschaft) und dann kämen noch einmal 100 aus sonstigen Rücklagen. Hinzu rechnet die SPÖ dann noch zwei Posten, die über eine Drei-Jahre-Periode wirksam sein könnten: 100 Millionen aus dem Familienlastenausgleichsfonds zum Ausbau der Kinderbetreuung sowie 250 Mio. Euro aus Rückflüssen aus den Konjunkturpaketen, also z.B. aus zusätzlichen Steuer- und Sozialversicherungsbeiträgen.

Darüber hinaus glaubt Infrastrukturministerin Doris Bures (SPÖ), dass auch aus dem Budget noch etwas zu holen wäre. Im APA-Gespräch verwies sie auf Aussagen von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP), wonach noch Spielräume vorhanden seien. Die solle die Ressortchefin nun eben mobilisieren.

Die Finanzministerin reagierte auf die Ideen des Koalitionspartners barsch und empfahl dem Kanzler, Träume auf Steuerzahlerkosten zu beenden. Nur budgetneutrale Maßnahmen sind aus ihrer Sicht denkbar.

Einig über 100 Millionen

Immerhin einig ist man sich bei SPÖ und ÖVP, dass es die 100 Millionen aus Rücklagen des Wirtschaftsministeriums bzw. der Bundesimmobiliengesellschaft gibt, die man auf den Weg bringen könnte. Bau und Sanierung von Schul- und anderen Bundesbauten könnten vorgezogen werden, auch Bauprojekte rund um den Hochwasserschutz früher angegangen werden, erklärt die Finanzministerin .

Bures hatte davor konkretisiert, dass 200 Millionen pro Jahr zusätzlich (zur Wohnbauförderung) in den Wohnbau fließen sollten, der ohnehin geplante zusätzliche Hochwasserschutz in sechs statt zehn Jahren finalisiert sein könnte. Für die Infrastrukturministerin ist all das weit entfernt von Geld-Verschwenderei, immerhin gehe es um Zukunftsausgaben.

Bauboom durch Wohnbau und Hochwasserschutz

Grünen-Bautensprecherin Gabriela Moser warnte jedenfalls schon, dass es ein Maßnahmen-Paket mit Herz und Verstand ohne unfinanzierbaren Wahlzuckerl-Charakter brauche. Angekurbelt werden müsse vor allem der Wohnbau, dazu das Vorziehen von Hochbau-Vorhaben der Bundesimmobiliengesellschaft im öffentlichen Bereich und thermische Sanierungen. Gleich einen "Bauboom" erwartet sich Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar, mit Konzentration auf Hochwasserschutz und Wohnbau.

Vor allem Kritik am Vorgehen der Regierung kommt von Freiheitlichen und BZÖ. FP-Mandatar Gerhard Deimek empörte sich, dass sich die Regierungsparteien seit Monaten im Wahlkampfmodus befänden. Lösungen auf aktuelle Probleme und Fragestellungen hätten Rot und Schwarz nicht parat. BZÖ-Obmann Josef Bucher meinte, dass man mit der nach typischen Wahlzuckerln riechenden "Wer bietet mehr?-Strategie" das Grundübel des Desasters nicht bekämpfen werde können.

Heftige Diskussion am Wochenende

Der Zusammenbruch der Alpine entfachte bereits am Wochenende eine heftige Diskussion um Konjunkturhilfen. Der Präsident des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, warnte die Regierung davor, ein großes Konjunkturpaket zu schnüren. Vor der Nationalratswahl wieder "Wahlzuckerln" zu verteilen, sei kontraproduktiv. "Ab Herbst geht es wieder mit der Konjunktur bergauf", so Felderer am Wochende. Der deutliche Wirtschaftsaufschwung in den USA werde unter anderem auch die Wirtschaft Deutschlands und Österreichs anschieben.

Um mehr Beschäftigung und Wachstum zu erzielen, sei es zu wenig, "nur auf die USA zu hoffen", kritisierte hingegen Markus Marterbauer, Leiter der Wirtschaftspolitik-Abteilung der Arbeiterkammer (AK) Wien. Ein Konjunkturprogramm sei besser, als die Arbeitslosigkeit zu finanzieren, so die AK in einer Aussendung. Zwar liege Österreich beim Wirtschaftswachstum vor vielen anderen EU-Staaten, dieses sei aber noch nicht hoch genug, damit die Arbeitslosigkeit zurückgehe, so Marterbauer.

Unterstützung im Baubereich

Finanzstaatssekretär Andreas Schieder konkretisierte und verteidigte am Montag im Ö1-Morgenjournal das SPÖ-Ansinnen nach Konjunkturunterstützung. Punktuelle Unterstützung sei gerade im Baubereich wichtig, betont er im ORF-Radio "weil davon künftige Steuereinnahmen abhängen".

Hundert Millionen für Kindergärten sollen laut Schieder aus dem Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) kommen. Dazu komme Geld aus den Rücklagen der Bundesimmobiliengesellschaft sowie Rücklagen aus den Ressorts, die Projekte vorziehen könnten, zusätzlich komme noch Geld durch die Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen herein. "Aus dem kann man genau dieses Paket machen und finanzieren", so Schieder. Dass die Einnahmen aus der Frequenzversteigerung schon verplant seien, bestreitet er. Im Budgetplan seien lediglich 250 Millionen berücksichtigt, was darüber hinaus gehe, könne man für das Konjunkturpaket verwenden. Wie hoch die Konjunkturspritze am Ende ausfällt, ist für Schieder nicht wesentlich, man werde sich mit der ÖVP auf eine Summe einigen. (APA/red, derStandard.at, 24.6.2013)