Wien - Pilze werden heute - gleichsam als lebende "Chemiefabriken" - eingesetzt, um Wirkstoffe wie etwa Penicillin herzustellen. Bei der Entwicklung solcher Bioprozesse war man bisher allerdings meist auf Versuch und Irrtum angewiesen. Andreas Posch von der Technischen Universität (TU) Wien hat nun Methoden zur präzisen Untersuchung solcher Herstellungsverfahren entwickelt. Dadurch soll es möglich werden, die Zell-Fabriken genau zu verstehen und Bioprozesse in Zukunft ohne langes Ausprobieren zu verbessern. Posch erhielt dafür am Freitag den mit 13.000 Euro dotierten Resselpreis der TU Wien.

Seit den 1940er Jahren verwendet man den Pilz Penicillium, um im großen Maßstab Antibiotika herzustellen. Wie das genau abläuft und wie man dabei die besten Ergebnisse erzielt, war bisher allerdings schwer festzustellen bzw. die Prozesse nur mit viel Erfahrung zu optimieren. "Doch in Zukunft wird man mit Erfahrungswerten einfach nicht mehr auskommen: Schon die Verwendung eines anderen Stammes derselben Spezies kann dazu führen, dass der Bioprozess völlig umgestellt werden muss, weil der neue Stamm andere Wachstumsbedingungen benötigt", so Posch.

Besseres Verständnis für Bioprozesse

In Kooperation mit der Pharmafirma Sandoz hat Posch im Rahmen seiner Dissertation "eine ganze Werkzeugsammlung von Analysemethoden entwickelt, mit denen genau überwacht werden kann, wie sich der Pilz verhält, und wie die Penicillin-Produktion abläuft", erklärte der Wissenschafter. Das Spektrum reicht von Untersuchungen in einem Massenspektrometer bis zu einem neuen automatisierten Lichtmikroskopie-Verfahren, bei dem die dreidimensionale Struktur des Pilzgewebes vom Computer automatisch ausgewertet wird. Dadurch sollen die Mechanismen des Bioprozesses besser verstanden, Prozess-Anpassungen genau vorausgesehen und Zeit- und kostenintensive Versuchsreihen dadurch überflüssig werden.

Die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen war so erfolgreich, dass die TU Wien und Sandoz Anfang April ein Christian-Doppler-Labor eröffnet haben, in dem biotechnologische Prozesse auf wissenschaftlicher Basis untersucht und verstanden werden sollen. Der Resselpreis der TU wird jährlich für eine interdisziplinäre Forschungsleistung vergeben, die aus einem Dissertationsprojekt hervorgegangen ist. (APA/red, derStandard.at, 29.06.2013)