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"Ich habe kein Interesse daran, Grüne und Team Stronach in Fallen laufen zu lassen"

Foto: APA/Neumayr

STANDARD: Herr Haslauer, Sie haben nach neun Jahren den Landeshauptmannsessel von der SPÖ zurückerobert, in den letzten Wochen eine neue Regierung gebildet und die großen Ressorts in ÖVP-Hand. Sind Sie zufrieden?

Haslauer: Es geht weniger um mich. Es ist das Ziel erreicht, wieder stärkste Partei zu werden. Vielmehr steht aber die große Herausforderung im Vordergrund. Wir betreten Neuland mit sechs Regierungsmitgliedern, die noch nie in einer Regierung waren, mit einer Dreierkoalition, die es in Österreich noch nie gegeben hat, und mit einer sehr starken Opposition. Aber auch mit einem neuen Geist, der von Sympathie getragen ist. Es geht nicht mehr um Positionskämpfe von Parteien, sondern um das Bemühen, das Beste für Salzburg zu tun.

STANDARD: SPÖ-Chef Walter Steidl hat Ihnen bei der Angelobung gratuliert, die ÖVP habe 29 Prozent der Wählerzustimmung und 70 Prozent der Macht und Finanzmittel.

Haslauer: Das ist ein überkommener Begriff von Macht, wenn man Macht mit Geld assoziiert. Macht ist Gestaltungskraft. Da kommt es nicht nur auf Budgetmittel an, sondern auf gesellschaftspolitische Weichenstellungen. Mir war wichtig, dass jedes Regierungsmitglied arbeitsintensive Ressorts hat und dass sie zu den entsprechenden Persönlichkeiten passen. Ich sage auch: Wer nicht loslassen kann, hat die Hände nicht frei. Wir haben uns auch von Bereichen wie der Volkskultur oder den Museen verabschiedet, die traditionell bei der ÖVP waren. Das andere war die Bündelung der Kompetenzen. Das ist überwiegend gelungen.

STANDARD: Kann man überhaupt von einer Bündelung sprechen? Nun gibt es ein Nachhaltigkeitsressort ohne die Energie, die Bildung ohne die Pflichtschulen, und die Festspiele sind nicht in der Kultur untergebracht.

Haslauer: Man kann alles kritisieren. Es sind ja sehr viele Bereiche Querschnittsmaterie. Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema für die gesamte Regierung. Da müssten Sie eine Einpersonenregierung aufstellen, dann haben Sie wirklich alles in einer Hand. Das wird nicht funktionieren.

STANDARD: Sie treten als Landeshauptmann in die Fußstapfen Ihres Vaters. Was werden Sie von Wilfried Haslauer senior in Ihre Regierungstätigkeit mitnehmen?

Haslauer: Mein Vater hatte eine tolle Mischung aus hoher Intellektualität und einer besonderen Herzlichkeit. Er hatte großen Respekt vor dem Land und seinen Leuten, aber auch vor der Aufgabe als Landeshauptmann. Diese Mischung aus Herzlichkeit und erledigendem Arbeitsstil habe ich mir auch vorgenommen.

STANDARD: Sie koalieren mit zwei Parteien ohne Regierungserfahrung. Ist die ÖVP im Vorteil?

Haslauer: Ich habe in den Verhandlungen sehr darauf geachtet, dass keine Fehler gemacht werden. Ich habe kein Interesse daran, Grüne und Team Stronach in Fallen laufen zu lassen. Deren Erfolg ist auch mein Erfolg, weil es der Erfolg der gesamten Regierung ist.

STANDARD: Wie will man gewährleisten, dass sich die überwiegend rot- schwarze Beamtenschaft bei den neuen Partnern Grüne und Team Stronach nicht querlegt?

Haslauer: Da müssen wir einen neuen Boden legen. Wir haben hervorragende Mitarbeiter im Landesdienst, denen man Wertschätzung entgegenbringen muss. Bei den erforderlichen Reformen sind sie nicht unsere Gegner, sondern unsere Partner. Ich möchte sie motivieren, diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen. Dass ein Parteibuch über Funktionsbesetzungen entscheidet und das Amt aufgeteilt ist in irgendwelche Farbenspiele, diese Zeiten müssen vorbei sein. Das funktioniert aber nur, wenn jeder sich dazu bekennt. Das erfordert auch sehr viel Selbstdisziplin, speziell von meiner Partei. Aber dafür sorge ich.

STANDARD: Rückblickend auf die Verhandlungen: Was waren die strittigsten Themen?

Haslauer: Wir haben eine breite ideologische Spannweite. Das geht von gesellschaftspolitisch sehr linken Ansichten bis zu Mitte-rechts- Positionen. Bei der Bildungspolitik, dem Stellenwert der Familie und den wirtschaftlichen Entwicklungen hat es Diskussionen gegeben. Konkret haben wir Themen wie die Skigebietserweiterungen, die 380-kV-Leitung und die Tauerngasleitung sehr eingehend debattiert. Ich glaube, wir haben gute Lösungen gefunden. Das Ziel war nicht, den anderen zu besiegen, sondern auf seine Argumente einzugehen.

STANDARD: Das Arbeitsprogramm enthält ambitionierte Vorhaben, Geld ist aber wenig da, und ab 2017 will man Schulden abbauen. Wie ist dieser Spagat zu meistern?

Haslauer: Das ist die größte Herausforderung überhaupt. Es kann nur mit einem Kassasturz und einem Nullbudget gehen. Bei jeder Budgetposition wird zunächst null eingesetzt und dann analysiert, was es wirklich braucht. Alles muss hinterfragt, die Effizienz gesteigert und die Verwaltung reformiert werden. Christian Stöckl (Finanzreferent, Anm.) hat in Hallein gezeigt, dass er es kann. Es werden schwierige Budgetverhandlungen werden. Aber irgendwann muss man beginnen.

STANDARD: Wird es einen weiteren U-Ausschuss zur Aufarbeitung des Finanzskandals geben?

Haslauer: Ja, es spricht einiges dafür. Die Frage ist: Wann macht man ihn, in welchem Umfang und mit welchem Aufgabengebiet? Unbedingt erforderlich ist, die historische Aufarbeitung bis zum Beginn dieser Spekulationsgeschäfte voranzutreiben. Das ist eine politische Hygiene, die wir brauchen.

STANDARD: Aber die historische Aufarbeitung wird auch teuer.

Haslauer: Da muss und kann man auch eine Struktur aufstellen, die nicht in die Millionen geht. Etwa drei, vier fachkundige Leute, die eine kleine Heerschar von Studenten steuert. Die Hauptarbeit ist ja Buchungsarbeit. Da haben wir schon konkrete Ideen, die wir gerade durchkalkulieren lassen.

STANDARD: Nach der Finanzaffäre hat sich das Land verordnet, keine Spekulationsgeschäfte mehr einzugehen, aber das Land wird wohl nicht ohne Zinsoptimierungsgeschäfte auskommen.

Haslauer: Da gibt es einen genauen Katalog, was zulässig ist und was nicht. In diesen Rahmen wird man agieren. Die Frage ist, müssen wir das alles selber machen. Wenn die Produkte einmal alle verkauft sind, kann man das Finanzmanagement auch auslagern. Die Frage ist, nach den personellen Abgängen, ob wir auch das spezifische Know-how dafür haben.

STANDARD: Die letzte Prognose war, man könnte ohne Verluste aus den Spekulationen aussteigen.

Haslauer: Da ist der Wunsch Vater des Gedankens. Ich sehe das ganz nüchtern. Erst wenn das letzte Finanzprodukt verkauft ist, wissen wir, wie viel zusätzliche Schulden da sind. Ich persönlich rechne mit einem Gesamtverlust von 100 bis 200 Millionen Euro. Sollte es weniger sein, würde ich mich freuen und noch mehr, wenn wir mit einem positiven Ergebnis aussteigen. Aber das ist derzeit nicht seriös vorherzusagen. (Stefanie Ruep, DER STANDARD, 26.6.2013)