Der Großteil der österreichischen Wissenschafts- und Bildungsjournalisten kann seinen Lebensunterhalt nicht allein mit Artikeln aus diesen Bereichen bestreiten. Er arbeitet entweder in anderen Ressorts der jeweiligen Medien oder auch als PR-Texter und Mediencoach für Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

Schuld daran seien prekäre Beschäftigungsverhältnisse, heißt es in einer am Dienstag vorgestellten Studie über die Arbeits- und Beschäftigungssituation der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten in Österreich, die vom Medienhaus Wien durchgeführt wurde. Nur 58 von 100 Journalisten waren im Untersuchungszeitraum Jänner bis Februar 2013 angestellt, heißt es in der vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten beauftragten Studie. Die Situation aller in Österreich tätigen Journalisten wird in der Untersuchung besser bewertet: Hier sind 71 von 100 in einem Angestelltenverhältnis.

Journalisten würden die durch die Arbeit als PR-Texter oder Mediencoach entstehenden Interessenkonflikte erkennen, heißt es. Studienautor Andy Kaltenbrunner ergänzte aber, dass der Bezug von Honoraren von mehreren Arbeitgebern die logische Konsequenz aus der "mangelnden ökonomischen Unterfütterung" ist. Wenig überraschend fiel die Bewertung der Bezahlung seitens der freien Journalisten (3,5 nach Schulnoten) schwach aus. Angestellte waren da deutlich zufriedener und gaben die Durchschnittsnote 2,48.

Oliver Lehmann, Vorsitzender des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten, verwies auf eine Eurobarometer-Umfrage von 2010, wonach ein "Gutteil der österreichischen Bevölkerung (74 Prozent) - und damit die Medienkonsumenten und -konsumentinnen" - an wissenschaftlichen Entdeckungen und technologischen Entwicklungen interessiert sei.

Höherer Akademikeranteil

Laut der Untersuchung sind Wissenschafts- und Bildungsjournalisten älter (Mittelwert: 47,3 Jahre) als ihre Kollegen, auch der Frauenanteil (56 Prozent) ist höher als unter allen österreichischen Journalisten (42 Prozent). 65 Prozent haben ein Studium absolviert - ein doppelt so ho- her Akademikeranteil wie in anderen Ressorts. Hierzulande sind es vor allem Abschlüsse in den Sozial- und Geisteswissenschaften, in Deutschland haben Wissenschaftsjournalisten hauptsächlich einen naturwissenschaftlichen Background. In Sachen Weiterbildung sind die befragten Journalisten nicht ganz so fleißig. Das liege aber vor allem am fehlenden Angebot.

Studienautor Kaltenbrunner verwies darauf, dass längst neue Publikationsformen entstanden seien, die nur langsam nach Österreich überschwappen - zum Beispiel Science-Blogs. Hier sei die Gesellschaft gefordert, Strukturen und Fördermechanismen zu schaffen, die die Arbeit in diesen Kanälen ermöglichen.

Angesichts der Tatsache, dass viele Wissenschaftsjournalisten in Österreich mehrere Auftraggeber haben, zitierte ein Journalist im Publikum einen Titel des Populärsachbuchautors Richard David Precht: " Wer bin ich - und wenn ja, wie viele?" Die Studie gebe interessante Anhaltspunkte zur Klärung dieser Frage. (pi, DER STANDARD, 26.06.2013)