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Wer schon einmal Egon Schieles kindliche Zeichnung von zwei Zügen und einem Auto gesehen hat, den wundert nix mehr. Diese Striche wirken nicht wie die eines Zehnjährigen, sondern wie eine Vorschau auf das Offensichtliche: Ein großer Künstler ward geboren, und zwar in einem Provinzbahnhof an der Donau.

Rund ein Drittel seines Lebens verbrachte Egon Schiele in der Dienstwohnung seines Vaters Adolf, des Bahnhofsvorstands von Tulln. Und da verwundert es vielleicht schon ein wenig mehr, dass dieses Geburtshaus in Zeiten der totalen Verwertung seiner Vita erst seit zwei Wochen offizielle Schiele-Haltestelle ist.

Soundduschen

Gegen Münzeinwurf (zwei Euro) können die Räumlichkeiten im Tullner Bahnhof nun besucht werden, und man wird dort im positiven Sinne berieselt: Aus sogenannten Soundduschen (vulgo Lautsprechern) kommen Texte von Schiele selbst, von seinen Schwestern und von seiner Mutter, die die Zeit an den Geleisen erläutern. Atmosphärisch ist das hilfreich, denn die Möbel in den Schiele-Räumen sind leider keine Originale und weit weniger "authentisch" als - sagen wir einmal - im Gasthaus Sodoma, das praktischerweise gleich ums Eck in der Bahnhofstraße liegt. (saum, Rondo, DER STANDARD, 28.6.2013)