Wien - Bei der Gesundheitsreform ist am Mittwoch wieder ein Schritt in Richtung Umsetzung geglückt. Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich auf einen "Zielsteuerungsvertrag" verständigt. In diesem wird grob vorgegeben, welche Schritte dann auf Landesebene zur Qualitätsverbesserung und Kostendämpfung unternommen werden müssen. Ausverhandeln müssen das Landespolitik und Kassen bis Ende September.

Der Zielsteuerungsvertrag, der am Mittwoch präsentiert wurde, legt nur gewisse Bedingungen vor, die zu erfüllen sind. So wird beispielsweise vorgegeben, dass pro Bundesland mindestens zwei Gruppenpraxen zusätzlich etabliert werden müssen. Wo diese dann errichtet werden und ob es sich dabei etwa um interdisziplinäre Versorgungseinrichtungen handeln soll, wird erst auf Landesebene ausverhandelt.

"Große Reform nicht von heute auf morgen"

Dass die von der Idee her große Reform nicht von heute auf morgen alles ändern wird, machte Wiens Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) klar: "2014 wird nicht alles anders sein." Aber es werde der Paradigmenwechsel rasch sichtbar werden.

Darunter verstehen die Reformer vor allem, dass es künftig zu einer gemeinsamen Planung kommt weg von der alleinigen Zuständigkeit der Sozialversicherung für den niedergelassen und der bestimmenden Rolle von Bund und Ländern bei den Spitälern. Die Organisation werde künftig gemeinsam übernommen, womit wieder der Patient in den Mittelpunkt rücke, wie Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) versicherte. Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) ergänzte, aus den Solisten im Gesundheitssystem entstehe nun ein Orchester.

Telefonische Erstberatung

Das neue System soll den Patienten jedenfalls Verbesserungen bringen, etwa durch den bis 2015 geplanten Aufbau einer telefonischen oder web-basierten Erstberatung. Im Alltag würde das so aussehen, dass sich ein Erkrankter an diese neue Stelle mit der Frage wenden könnte, ob sich ein Facharzt, ein Spital oder doch besser ein praktischer Arzt seines Problems annehmen sollte. Von Vorteil sollte auch sein, dass künftig in Spitälern und im niedergelassenen Bereich eine einheitliche Dokumentation etabliert werden muss. Die Leistung kann somit problemlos dort erfolgen, wo sie gerade am sinnvollsten ist.

Weniger Spitalsaufenthalte geplant

Weiters im Angebot an den Patienten ist das Ziel eines Ausbaus tagesklinischer Leistungen. Die Zahl der Spitalsaufenthalte soll verringert werden, bei den Belagstagen je 1.000 Einwohner hat man sich im Rahmenvertrag eine Reduktion um mindestens 1,8 Prozent vorgenommen, die Krankenhaushäufigkeit je 1.000 Einwohner soll jedenfalls um 1,1 Prozent reduziert werden.

Trotz dieser Maßnahmen wird nicht weniger sondern mehr Geld in das Gesundheitssystem fließen, nämlich 3,6 Prozent, wie Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) versicherte. Durch die Koppelung an das Wirtschaftswachstum soll aber eine Kostenexplosion verhindert werden.

Keine Sanktionen

Dass keine Sanktionen bei Nichteinhaltung der Ziele vorgesehen sind, fand am Mittwoch niemand so tragisch. Pühringer verwies darauf, dass es ja beim Stabilitätspakt die Möglichkeit von Pönalen gebe und keine Gebietskörperschaft könne den einhalten, wenn es seine Gesundheitsausgaben nicht im Griff habe. Wehsely ergänzte, dass sie den "Kerker" bei einer Nicht-Erfüllung nicht für nötig halte. Wenn bei solch einer großen Reform zunächst nur 80 Prozent eingehalten werden könnten, sei das "auch keine Tragödie".

Keinen Zweifel haben die Verhandler, dass es diesmal mit der Gesundheitsreform wirklich etwas wird, auch wenn noch die Mühen der Ebene kommen: So weit wie jetzt sei man noch nie gewesen, versicherte Hauptverbands-Chef Hans Jörg Schelling. (APA, 26.6.2013)