Baum oder Bank? Objekt "Fallen Tree".

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Eine Tänzerin bearbeitet einen Klumpen Wachs, sie drückt ihre Ellbogen in das Material, formt es mit dem Knie. Der Produktionsprozess als Tanz, sieben Tage die Woche, acht Stunden am Tag: Die Performance der Berliner Designerin Judith Seng ist ein steter Dialog zwischen Material und Tänzer. Die Berlinerin, die derzeit als eine der spannendsten deutschen Designerinnen gilt, bespielte mit zwei Tänzern anlässlich der Design Miami Basel das Foyer der Halle 1 Süd. Es handelte sich dabei um einen poetischen Fertigungszyklus im Neubau von Herzog & de Meuron. "Die Form bedingt den Tanz, und der Tanz bedingt die Form", sagt Seng. Bis zum Ende der Messe ging es darum, eine limitierte Serie aus Objekten entstehen zu lassen.

48 Galerien

Eine Reise durch die Designgeschichte sollte die Messe sein, so wünschte es sich die österreichische Direktorin Marianne Goebl. 48 Galerien boten ein breites Spektrum an Unikaten, limitierten Editionen und Raritäten an. Das Feld dominierten nach wie vor die französischen Galeristen, aber in diesem Jahr war die Messe eindeutig internationaler: Erstmals waren auch Aussteller aus dem Libanon oder Südafrika vertreten. So präsentiert die südafrikanische Galerie Southern Guild ein Sideboard der Designer Dokter and Misses, dessen handbemaltes Dekor die traditionellen Häuser in Burkina Faso zitiert. Als Bereicherung der Messe, die zeitgenössisches und historisches Design in Dialog treten lassen will, erweist sich auch der Bereich Schmuck. Eine Reihe von Galerien zeigt tragbare Skulpturen. Die Londoner Galerie Louisa Guinness setzte dabei ganz auf den britischen Künstler Anish Kapoor, dessen Schmuckstücke ebenso die Wahrnehmung des Betrachters irritieren wie seine riesenhaften Skulpturen.

Die Preisspanne reichte in diesem Jahr von den Kategorien "aufstrebend" bis "Blue Chip". Im Topsegment rangierte Jean Prouvé. Auch bei der schwedischen Galerie Jacksons liebäugelt man mit potenten Besuchern: Am Stand fand man einen Nachbau eines Krankenzimmers des Paimio-Sanatoriums (1933) von Alvar Aalto. Rund 250.000 Euro sollte dies einem Sammler wert sein.

Fallen Tree

Den Stand der Pariser Galerie Kreo schmückten zahlreiche rote Punkte. Verkauft waren bereits am ersten Messetag nahezu alle Leuchten von Gino Sarfatti. Eine Stehleuchte des italienischen Design-Altmeisters aus dem Jahre 1951 wechselte für rund 70.000 Euro den Besitzer.

Ganz auf junges Design setzt dagegen die Pariser Galerie Ymer & Malta. Ihr Debüt in Basel gab die Galerie unter anderem mit Werken von Benjamin Graindorge, einem der talentiertesten Nachwuchsdesigner Frankreichs. Graindorges "Fallen Tree" (2011) ist halb Bank, halb Baum. Nur acht Exemplare des meisterhaft gearbeiteten Möbels gibt es. Dafür muss der interessierte Sammler rund 42.000 Euro hinblättern. Wesentlich tiefer in die Tasche greifen muss man bei Jacques Lacoste: Als Highlight präsentiert die Pariser Galerie ein Sideboard mit einem Relief von Alberto Giacometti aus dem Jahr 1939, das mit einem Preis von zwei Millionen Euro eines der teuersten Exponate der Messe war. (Andrea Eschbach, Rondo, DER STANDARD, 28.6.2013)