Die Zigarette als luftiges Accessoire: Kalenderblatt der Damen für die Austria Tabak (1990).

Foto: Wolfgang Woessner, © Die Damen

Eine Ausstellung in der Landesgalerie St. Pölten erinnert an ihre legendären Aktionen.

St. Pölten - Latzhose ja, aber niemals ohne Stöckelschuhe. Dieses Statement von Ona B. war in der Kunstszene der 1980er-Jahre nicht nur ein modisches. Künstlerinnen hatten ernst auszusehen und nicht sexy. Für Ona B., aber auch für Evelyne Egerer, Ingeborg Strobl und Birgit Jürgenssen (gestorben 2003) war das jedoch keine Option: Es ging zwar darum, aus der Peripherie der Wahrnehmung ins Zentrum zu rücken; die Vorzüge der Weiblichkeit dafür zu opfern, kam allerdings für die bereits etablierten Solokünstlerinnen nicht infrage. Stark und weiblich, so inszenierten sich die Vier in jeder ihrer akribisch ausgeklügelten Aktionen - auch in der ersten, als der Name "Die Damen" noch nicht gefunden war.

1988 war das, als ein berühmtes Plakat eine selbstbewusste Gegenmaßnahme provozierte: Es zeigte den männlichen Kern der Wiener Künstlerschaft der 1960er-Jahre (Christian Ludwig Attersee, Walter Pichler, Kurt Kalb, Oswald Wiener u.a.) und die einzige Frau - Ingrid Wiener - lediglich mit ihrem Vornamen. Die kecke Antwort auf die Kunst-Dandys war eine Postkarte (um zehn Schilling), in der das lässig posierende, heiß aufgemachte Quartett (in Leder, Lack, Mini oder Overall) sich zu Mitgliedern solcher Männerbünde stilisierte: "Die vier neuen Mitglieder des Ersten Wiener Männergesangvereins" spotteten in Richtung der noch immer röhrenden Platzhirsche.

Pointierte Sticheleien, jedoch garniert mit viel Humor und Spaß: das offenbart die Ausstellung in der Landesgalerie St. Pölten (Zeit Kunst Niederösterreich) gleich zu Beginn. Ein Bild jener ersten Fotosession zeigt Die Damen, die sich selbst nicht als feministische Künstlerinnen bezeichnen würden, herzlich lachend.

Gut gelaunt startete 1989 auch ihr nächster Auftritt: Im Executive Style der Karrierefrauen enterten sie in postmodern die heiligen Hallen der Secession, um dort in einer Parodie auf die Bürokratie die eigene Briefmarke zu promoten und weibliche Rollenklischees zu torpedieren.

Hatte die Frauen einst das entnervte Kopfschütteln über ein Symposium zu "Kunst und Wirtschaft" zu Komplizinnen gemacht, zeigten sie nun vor, wie Kunstsponsoring geht: Im Kalender für die Austria Tabak inszenierten sie sich selbst. Die Zigarette wurde zum Nebendarsteller, aus dem man Schmuck bastelte, um die man Geschichten wie den Trafiküberfall spann oder Dialoge wand wie "Wie war dein Treff mit Johnyy Maverick in Memphis ?" - "Der Flirt war Smart." Diese künstlerische Autonomie wurde aber auch selbstironisch karikiert. Bei der Verleihung des Römerquelle-Fotopreises 1990 übernahmen Die Damen den Ausschank - in Spitzenschürzchen.

Generell verliehen sie sich ihre Preise am liebsten selbst: 1990 eine Goldene Ehrennadel und den Kunst-Sport-Preis der Ankara-Biennale. Als strahlende Gewinner ließen sie sich mit güldenem Pokal am Flughafen feiern, nicht ahnend, dass das türkische Festival sie tatsächlich noch am selben Tag auszeichnen würde.

Obwohl das spätere Damen-Mitglied Lawrence Weiner ihnen das Motto "To bitch is to be" - "Böse ist besser" widmete, endeten sie im Falter in der "Gut-Böse-Jenseits"-Kolumne bei den Guten. Denn ihre Housewarming-Party in der Musterhaussiedlung nutzten sie zur karitativen Spendenakquise. Ein Happening, bei dem wie immer alles bis ins Kleinste durchdacht, vom Kostüm bis zum Spendenpickerl durchdesignt war. Selbst dann, wenn die Aktionen so blitzschnell entstanden wie ihr "Fleck muss weg"-Feldzug - eine Postkarte gegen den damaligen Bundeskurator Robert Fleck.

Kollektiv statt Ego, das war ein harter Kampf. Aber er hat sich ausgezahlt. Erfrischend. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 2.7.2013)