Aufgekratzt und hüftmobil wie der junge Elvis: Ausnahme-Frontman Josh Homme von Queens of the Stone Age. 

Foto: Christian Fischer

Wien - Weihestunden sind rare Erscheinungen. Doch vor zehn Jahren ergab es sich, dass sich gleich zwei solche aneinanderreihten. Damals konzertierte auf dem Open-Air-Gelände der Wiener Arena die US-Band Queens of the Stone Age, und das in einer lauen Frühsommernacht ausgetragene Ereignis wurde zum Jahrhundertkonzert, bei dem Band und Publikum Liebesbekundungen austauschten, bis nichts mehr ging.

Angesichts dieser Erinnerung übermannte einen zehn Jahre später in der Wiener Stadthalle doch die Melancholie. Zwar ist die Band aus der kalifornischen Wüste immer noch eine Naturgewalt, aber rein atmosphärisch betrachtet, ist so ein Mehrzweckhallenauftritt nicht weihestundentauglich. Der Welterfolg der Band in der vergangenen Dekade verlangt allerdings nach so großen Spielstätten, und zumindest was die Lautstärke betrifft, arrangierten sich Josh Homme und seine vier Mitstreiter bestens mit der Örtlichkeit.

Rock 'n' Roll war schließlich einmal das Revolutionsgeläut der Jugend, und das funktioniert nur, wenn es gehört wird. Dazu passt, dass Hommes Körpersprache auf der Bühne jener des jungen Elvis Presley ähnelt. Da können seine Gitarrenriffs noch so sehr im Delirium verbotener Substanzen geboren worden sein, ein viriler Hüftschwung und seine aufgekratzte Art machen den Rotschopf zum Ausnahme-Frontman. Dabei hatte er während der Zeiten der Welteroberung einiges mitgemacht, gar eine Nahtoderfahrung nach einer Beinoperation.

Andere werden nach solchen Erlebnissen zu wiedergeborenen Christen. Nicht Homme: My God is the Sun singt er auf dem soeben erschienenen Album ... Like Clockwork. Das ist nach dem deutlich schwächelnden Era Vulgaris wieder ein ansprechendes Werk geworden - wenn auch nicht auf den ersten Kontakt hin.

Doch live setzt die mehrfach personell umformierte Band auch 2013 auf die Zugkraft von Titeln jenes Albums, mit dem es vor zehn Jahren um die Welt tourte: Songs for the Deaf. Diese wie Buschbrände wütenden Songs aus dem Reich des Hardrock, dargeboten mit der Gefährlichkeit von Brandbeschleunigern, besitzen bis heute eine Wirkmächtigkeit, an der sich alle anderen Arbeiten dieser 1996 gegründeten Formation messen lassen müssen.

Songs wie das angestochene You Think I Ain't Worth a Dollar, But I Feel Like a Millionaire oder First it Giveth kann man neben Monolithen wie War Pigs oder Paranoid von Black Sabbath stellen. Bei diesen früh gespielten Liedern ging im Saal dann auch die Post ab. Selbst das vom aktuellen Album stammende The Vampire of Time and Memory wurde live heftig akklamiert. Dabei hat gerade diese klaviergestützte Ballade das Potenzial, das November Rain der Queens zu werden - nach der Schmonzette von Guns N' Roses.

Aber dafür ist Homme zu gerissen. Er gab sich sofort wieder aufrührerisch. Doch wenn er vor zehn Jahren noch verkündete "Drugs are good for you because I say so", beschied er sich am Dienstag mit einem Aufruf an die Saalordner, ihren Job nicht zu ernst zu nehmen, man sei ja zusammengekommen, um eine Party zu feiern.

Diesem Anliegen kam die Band mit neuen Songs wie dem süffigen If I had a Tail ebenso nach wie gegen Ende der Show mit Monstern wie Go with the Flow. Klingeln in den Ohren, Schweiß vom Scheitel bis zum Steiß. Rock 'n' Roll will never dings. Von der deutschen Band Fehlfarben stammt das Schlusswort zu diesem Abend: "Ich bin in guter Laune in einer üblen Gegend. Der Rest ist süße Erinnerung an damals." (Karl Fluch, DER STANDARD, 4.7.2013)