Die Europäische Zentralbank ist dem angelsächsischen Zentralbank-Club beigetreten. Am Donnerstag überschritt sie eine der wichtigsten Trennlinien zwischen ihrer orthodoxen Haltung und der aktivistischen Interventionspolitik der US-Notenbank Fed. Denn EZB-Präsident Mario Draghi lässt die Märkte nun in seine Karten blicken und sagt Sparern und Anlegern, dass die Zinsen "noch für lange Zeit" niedrig bleiben. Die Finanzmärkte begrüßten den Tabubruch in Frankfurt mit einem Feuerwerk. Doch was hat sich fundamental geändert?

Europas Zentralbank hat Zeit gekauft. Wenn die langfristigen Zinsen als Folge der neuen Politik etwas niedriger sind, bedeutet das vor allem, dass verschuldete Staaten und Unternehmen billiger an Finanzmittel kommen und schmerzhafte Anpassungen aufschieben können. Doch es macht insolvente Banken nicht solvent und bringt vorsichtige Unternehmen kaum zum Investieren.

Die Fed bekommt zudem gerade die Nebenwirkungen ihrer lockeren Geldpolitik zu spüren. Bereits die schiere Ankündigung, ihr Anleihenkaufprogramm demnächst zu drosseln, hat an den Finanzmärkten einen Schock ausgelöst. Diese Volatilität hat die Unsicherheit für Unternehmen eher erhöht. Angesichts der Kosten lockerer Geldpolitik könnte sich die EZB den berühmten Sager des US-Komikers Groucho Marx zu Herzen nehmen: "Ich möchte keinem Club angehören, der mich als Mitglied akzeptiert." (Lukas Sustala, DER STANDARD, 5.7.2013)