Alter Reibputz, alte Natursteinmauer, neues Dach­geschoß: Im Weinhotel Malat in Palt bei Krems ...

Foto: Manfred Seidl

... wurde der Charakter des ehemaligen Bauernhofs, soweit es möglich war, erhalten.

Foto: Manfred Seidl

Beim 1968 errichteten Gasthaus Seibl in Lochau, das 2008 durch einen Brand zerstört wurde, ...

Foto: Juri Troy

... wurde die alte Bausubstanz in den Neubau integriert.

Foto: Juri Troy

Die Schwimmbadterrasse auf dem Dach des Kitzbüheler Hotels Schwarzer Adler wurde 2008 mit dem Staatspreis für Architektur ausgezeichnet.

Foto: Paul Ott

Der Blick auf das Benediktinerstift Göttweig, das hoch oben über der Donau thront, ist nicht zu überbieten. Die von Weinreben linierte Landschaft vor dem Fenster tut ein Übriges. "Wir wollten das Kapital dieses Grundstücks um jeden Preis erhalten", sagt Architekt Ernst Tschabuschnig. "Ein Hotel in dieser Lage gibt's in Niederösterreich kein zweites Mal." Gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Mandler, mit dem er das Wiener Büro TM Architektur betreibt, entwarf er für die Winzerfamilie Malat in Palt ein kleines Boutiquehotel mit angeschlossenem Weinshop und Büro.

Der Nachrichtenwert hält sich so weit in Grenzen. Im Gegensatz zu den meisten Weinhotels und spektakulären Winzerexperimenten jedoch, die wie zeitgenössische Skulpturen in der Landschaft herumstehen, wurde im Falle Malat ein alter, maroder Bauernhof wiederbelebt. "Das war ein ehemaliges Hafnerhaus, das baufällig und schon teilweise einsturzgefährdet war", sagt Tschabuschnig. "Normalerweise würde man so eine schlechte Bausubstanz, die nicht einmal unter Denkmal- oder Ortsbildschutz steht, durch einen Neubau ersetzen. Aber das wollten wir nicht. Wir wollten den alten Charakter beibehalten."

Bautechniken wie vorgestern

Der Dachstuhl wurde entfernt. Übrig blieben nur die Außenmauern, die gedämmt und anschließend traditionell im Reibverfahren verputzt wurden. Die abgerundeten Ecken und Kanten des Altbaus nehmen auf die historischen Bauten in der Umgebung Bezug. Deutlich hebt sich das Neue vom Alten ab: Wie eine Holzkiste sitzt der Neubau in Leichtbauweise auf den alten Gemäuern auf und schafft auf diese Weise Platz für sieben der insgesamt zehn Zimmer.

Die Konstruktion des Obergeschoßes, das vorn weit über den alten Giebel hinausragt, besteht aus kreuzverleimtem Brettsperrholz (KLH), die Fassade wurde mit Lärchenlatten verkleidet. Und die Natursteinmauer entlang der Straße wurde mit altem Abbruchmaterial wiederaufgebaut. Die Baukosten für das detailverliebte Ensemble belaufen sich auf 2,5 Millionen Euro.

Neunte Generation

"Zuerst Weinverkostung, dann ein gutes Abendessen und anschließend eine Übernachtung im Hotel ist ja an sich nichts Neues", sagt Michael Malat, Geschäftsführer des Weinguts, der zuvor auch schon in Frankreich, Kalifornien und Neuseeland gearbeitet hat. Er betreibt das Weingut in neunter Generation. "Doch wir haben das Glück, dass wir unseren Gästen moderne, gut ausgestattete Zimmer mit freistehender Badewanne, Whirlpool und Sauna bieten können, und dazu ein bisschen Bauernhof-Flair wie zu Großvaters Zeiten." Auch der Innenhof wurde revitalisiert. Fehlt nur noch die alte Eibe, die einst in der Mitte des Bauernhofs stand und im Zuge der Bauarbeiten von einem Bagger geköpft wurde.

Gewerbliche Projekte wie diese, die sich fernab von Bauvorschriften und historischen Auflagen aus freien Stücken sensibel in die Kulturlandschaft fügen, sind im ländlichen Raum Mangelware. Meist sind es Wirtschaftlichkeit und Effizienz, die aus den jeweils gültigen Bauvorschriften das maximale Raumvolumen rausholen und auf diese Weise die feine Tugend "Naturverträglichkeit" unter sich begraben. Doch es gibt sie, die schönen unaufregenden Projekte, in denen das Alte durch das Neue nicht erschlagen, sondern respektvoll aufgewertet wird.

Vorreiter Vorarlberg

Vorreiter in Sachen gewerblicher Sanierung und Altbestandserweiterung ist Vorarlberg. 2003 entstand in Dornbirn auf dem Gelände der Rüsch-Werke, einer ehemaligen Gießerei und Maschinenfabrik aus dem Jahr 1827, das Naturmuseum Inatura. Im Michelehof in Hard errichtete Philip Lutz eine Schnapsbrennerei, die mit dem Vorarlberger Holzbaupreis 2007 und Vorarlberger Bauherrenpreis 2010 ausgezeichnet wurde. In Sulz sanierte Architektin Beate Nadler-Kopf den 200 Jahre alten, ebenfalls mehrfach ausgezeichneten Freihof Sulz. Und in Hittisau wurde ein 180 Jahre altes Bregenzerwälder Gasthaus von Bernardo Bader behutsam saniert und innen neu ausgebaut.

"Es gibt sehr viele Beispiele dafür, wie gewerbliche, sehr schöne Altbauten nach und nach aus der Landschaft verschwinden", meint Architekt Juri Troy. "Und das ist schade, denn diese Bauten sind eigentlich wichtige neuralgische Punkte auf der Baukulturlandkarte."

Umbau statt Abriss

Erst kürzlich sanierte Troy das 1968 errichtete Gasthaus Seibl in Lochau, das 2008 durch einen Brand zerstört wurde. Statt das Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, wurde die alte Bausubstanz in den Neubau integriert.

Eine neue Lärchenlattung, die in Abstimmung mit der Landschaftsschutzbehörde entwickelt wurde, fasst die unterschiedlichen Bauteile zu einer Einheit zusammen. Im Zuge des Umbaus wurde der Energiebedarf des Hauses durch Dämmung und eine Sonnenkollektorenanlage auf dem Dach auf ein Drittel reduziert.

Anpassung oder Kontrapunkt

Ortswechsel. "Bei Um- und Zubauten gibt es zwei grundsätzliche Strategien", erklärt Architekt Thomas Thum vom Tiroler Architekturbüro tatanka. "Entweder man passt sich unauffällig der Umgebung an, oder aber man fährt mit einem Kontrapunkt dagegen." Die von ihm geplante Schwimmbadterrasse auf dem Dach des Kitzbüheler Hotels Schwarzer Adler, die 2008 mit dem Staatspreis für Architektur ausgezeichnet wurde, ist eine Mischung aus beidem. Formal sieht die Aufstockung, die rund 100 Tonnen Wasser trägt und die den Bestand und das Fundament konstruktiv bis an die Grenzen der Tragfähigkeit ausreizt, wie ein eben erst gelandetes Ufo aus. In materieller Hinsicht jedoch fügt sich der futuristische Baukörper mit seiner traditionellen Schindelfassade ins Potpourri der umliegenden Lederhosenhotels.

"In den Siebziger- und Achtzigerjahren wurde in den Alpen ex­trem viel pseudoalpiner Kitsch gebaut", so Thum. "Diese Unkultur muss man zwar nicht fortsetzen, aber trotzdem muss man auch hier eine gewisse Sensibilität an den Tag legen, wenn man baulich in ein bereits bestehendes Ensemble eingreift." Diese Vorsicht ist in Österreich vielen gewerblichen Bauten zu wünschen. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 6./7.7.2013)