Dass Lehrer und Schüler nichts mehr von der Schule wissen wollen, ist heuer erst recht verständlich. Die Verhandlungen über ein neues Dienstrecht, die am Freitagabend in die 30. Runde gingen, belasten nicht nur das Schul-, sondern auch das Koalitionsklima. Dass die ÖVP plötzlich ausschert und die Regierung nicht mehr mit einer einheitlichen Position auftritt, ist bizarr und nur durch den nahenden Nationalratswahltermin erklärbar.

Die ÖVP will es sich mit der von ihr dominierten Lehrergewerkschaft nicht verscherzen und hat die Wählerklientel des öffentlichen Diensts im Blick. Die ÖVP - allen voran Verhandlungsführerin Maria Fekter - lässt sich vorführen und vergisst, dass sie als Blockiererin dasteht. Gewerkschaftsboss Fritz Neugebauer ist außerhalb seiner Klientel als gnadenloser Betonierer verschrien - mittlerweile auch bei Parteifreunden und bei denjenigen, deren Interessen er zu vertreten vorgibt: den Lehrerinnen und Lehrern. Der Chef der Lehrergewerkschaft, Paul Kimberger, hat in den vergangenen Monaten gezeigt, dass er auf Neugebauers Spuren wandelt. Neugebauer kandidiert im Herbst nicht mehr für die ÖVP und muss daher gar keine Rücksicht auf seine Partei nehmen, sondern kann nur noch Klientelpolitik betreiben.

Alle am Verhandlungstisch - vonseiten der Politik Ministerinnen, auf Funktionärsebene vertreten ausschließlich Männer die Interessen eines Berufsstandes, in dem 70 Prozent Frauen sind - wissen: Es muss ein neues Dienstrecht her. Die einheitliche Lehrerausbildung ist beschlossen, der nächste logische Schritt ist das Gehaltssystem. Dass das verändert werden muss, darüber herrscht auch Einigkeit. Nur höhere Einstiegsgehälter für Junglehrer einzuführen und die Kurve abzuflachen ist noch keine Reform.

Dass in diesem Zusammenhang auch über das bisherige Arbeitszeitmodell verhandelt wird, ist ein weiterer logischer Schritt. Über Mehrarbeit wird auch in anderen Bereichen verhandelt, warum sollte der Schulbetrieb davon ausgenommen sein? Die in der Vorwoche präsentierte OECD-Studie "Bildung auf einen Blick" hat einmal mehr gezeigt, dass Lehrerinnen und Lehrer in Österreich im internationalen Vergleich sehr gut verdienen. Vizekanzler Michael Spindelegger hat vor kurzem eine Anwesenheitspflicht von 26 Stunden für alle Lehrer gefordert, diesen Vorschlag aber nicht mehr öffentlich wiederholt, seit seine Partei auf Gewerkschaftslinie umgeschwenkt ist. Derzeit sieht das Dienstrecht bis zu 24 Stunden Unterrichtsverpflichtung an höheren Schulen vor.

Dass man nicht nur über eine Verlängerung der Arbeitszeit, sondern auch über eine andere Verteilung reden muss, ist ebenfalls allen klar. Es herrscht Einigkeit, dass die Pädagogen in Österreich mit zu viel Verwaltungsaufgaben beschäftigt sind.

Diese Themen müssen Punkt für Punkt durchgegangen werden, damit möglichst rasch ein stringentes Gesamtkonzept herauskommt. Denn mit Trippelschritten - wie der gerade beschlossenen Abschaffung der Bezirksschulräte, aber nur 20 Prozent der 130 Inspektoren werden nicht mehr gebraucht - kommt Österreich auf dem Bildungssektor nicht voran. Das System ist zu starr, viele Schülerinnen und Schüler können ihre Begabungen zu wenig einbringen, Lehrerinnen und Lehrer verzweifeln daran. Es geht um eine andere Art zu lernen. So macht Schule auch nach den Ferien keinen Spaß. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 6.7.2013)