Primal Scream "More Light".

Cover: First International

PRIMAL SCREAM
More Light
(First International)

Bobbie Gillespie zählt mit Primal Scream zu den musikalisch weitgereisten Formationen dieser Welt. Von Sixties-Pop über epochale Werke wie das Dancemusic und Rock zusammenführende Screamadelica bis hin zu Southern Rock oder Big-Beat-Übungen sowie diverse Stationen dazwischen führt der Weg des hageren Schotten. Für fast alle Arbeiten gilt eines: far out. Gillespie hat immer das volle Risiko genommen, das eine Haken schlagende Karriere birgt. Das zehnte Album zeigt ihn kreativ in voller Blüte stehen: Als Doppelalbum üppig angelegt, spart es nicht mit in die Länge gehenden Songs - und kaum einer verliert dabei die Hörer. Der Opener tritt samt expressiver Tröte das Gaspedal durch, River of Pain setzt zur Nabelschau an, bevor die Achterbahnfahrt mit Cultureside weitergeht. Zu den wesentlichen Merkmalen dieses zwischen zeitgenössischer Psychedelic, Rock und Tanzmucke irrlichternden Meisterwerks zählt der gnadenlose Einsatz von Bläsern. Knappe 70 Minuten dauert More Light, und am Ende sind nur die Augäpfel trocken. Zu viel des Staunens, zu viel Licht. Aber das gehört zu Erweckungserlebnissen schließlich dazu.

MELVINS
Everybody Loves Sausages
(Ipecac/Trost)

Ohne den Beigeschmack eines Lückenfüllers veröffentlichten die US-Derbrocker Melvins ein neues Album mit Coverversionen: Schon der Opener Warheads von Venom rechtfertigt die Anschaffung, das zärtliche Best Friend von Queen lässt kurz an eine Fehlpressung denken, bevor eine Version von Black Betty wieder Gewissheit schafft. Ja, es sind die Melvins. Und diese antischicke, glamourfeindliche Band hebt sogar Roxy Musics In Every Dream Home a Heartache und Bowies Station to Station. Groß.

MAVIS STAPLES
One True Vine
(Anti)

Die dieser Tage ihren 74. Geburtstag feiernde Soul-Lady Mavis Staples macht sich mit One True Vine ihr schönstes Geschenk selbst. Die zweite Zusammenarbeit mit Jeff Tweedy von Wilco als Songwriter und Produzent zeitigt ein Deep-Soul-Album, dessen intime Produktion mit der reifen Stimme der Dame bestens konveniert. Aus der Kirche kommend und in der Bürgerrechtsbewegung erwachsen geworden, verströmt sie heute eine milde Autorität, die sich wieder verstärkt aus dem Gospel nährt. (flu, Rondo, DER STANDARD, 12.7.2013)