Wien - "Man soll sich jetzt nicht gegenseitig die Schuld in die Schuhe schieben." So reagiert Werner Zinkl, Präsident der Richtervereinigung, auf den Vorwurf, Jugendliche befänden sich aufgrund der Verfahrensdauer zu lange in U-Haft. "Jeder Richter ist bemüht, die Fälle so schnell wie möglich abzuarbeiten", sagt er im Gespräch mit dem Standard. Außerdem seien die Richter nicht für die Haftbedingungen zur Verantwortung zu ziehen. "Dafür kann das Gericht gar nichts."

Vorfälle wie jene in der Josefstadt dürften nicht mehr passieren, sagt Zinkl: "Wir müssen das Problem bei der Wurzel packen und die Gefahren einschränken." Er spielt den Ball in Richtung Politik: "Es ist in erster Linie eine Frage des Geldes. Wie viel ist die Politik bereit, in die Hand zu nehmen?" Zinkl betont, er richte seinen Appell nicht nur an Justizministerin Beatrix Karl, sondern an die ganze Bundesregierung, inklusive Finanzministerin Maria Fekter. Der Staat bringe die Menschen in Haft, er müsse dann auch dafür sorgen, die Gefahren in den Gefängnissen einzuschränken. Der Präsident der Richtervereinigung will aber nicht nur aufgrund eines Anlassfalles reagieren. Man müsse sich die nötige Zeit nehmen und alles "seriös anschauen".

Laut Zinkl mangelt es nicht nur an Personal. "Jugendliche brauchen mehr Möglichkeiten, sich zu entfalten. Derzeit sind sie auf engem Raum eingesperrt." Er verweist auf die Bemühungen der Fachgruppe Jugendrichter, die schon lange auf bessere Bedingungen pocht. Jugendliche U-Häftlinge hätten "nichts in einer großen Anstalt für Erwachsene verloren", sagte zuletzt Obmann Norbert Gerstberger. Er fordert ein Kompetenzzentrum für Jugendliche mit einem eigenen Gefangenenhaus.

Derzeit sitzen 126 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren im Gefängnis. Das geht aus Zahlen der Vollzugsdirektion hervor. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 12.7.2013)