Wien/Linz - Nach der Diskussion über den Jugendstrafvollzug gibt es nun auch Kritik an Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) wegen des Umgangs der Justiz mit Rechtsextremismus. Dieser werde zu oft als Kavaliersdelikt behandelt, findet der oberösterreichische SPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Horner. Der grüne Abgeordnete Karl Öllinger brachte dazu Anfragen an die Ministerin ein. Die Israelitische Kultusgemeinde fordert "klare gesetzliche Bestimmungen gegen Verhetzung auch auf EU-Ebene".

Das Mauthausen-Komitee Österreich (MKÖ) und das oberösterreichische Antifa-Netzwerk prangerten am Montag Fehlentscheidungen und Versäumnisse der Strafjustiz an. Als Beispiele nannten sie die "sang- und klanglose" Einstellung des Verfahrens gegen einen "bekannten Rechtsextremisten", der die Existenz von Krematorien im KZ Auschwitz sowie die Ermordung von Anne Frank geleugnet und KZ-Überlebende als "Landplage" bezeichnet habe. Auch antisemitische Beschimpfungen eines Rabbis durch Fußballfans im Vorjahr in Wien hätten kein gerichtliches Nachspiel gehabt.

"Justizministerin zu spät dran"

Für Horner ist es auffällig, "dass die Justizministerin immer zu spät dran ist". Das gelte für ihr Maßnahmenpaket beim Jugendstrafvollzug ebenso wie für Rechtsextremismus. "Man hat hier immer das latente Gefühl der parteipolitischen Einflussnahme, des bewussten Wegschauens", kritisiert er. Der Ministerin fehle es an Sensibilität, Objektivität und Engagement für eine unabhängige Justiz. "Beatrix Karl ist als Ministerin nicht gut für die Mitbürger in unserem Land", so der SPÖ-Landesgeschäftsführer.

Öllinger sieht ebenfalls Versäumnisse, etwa im Umgang der Behörden mit dem rechten Netzwerk Objekt 21. Hier habe man sich mit den Anklagen zu lange Zeit gelassen. Hätte man rascher gehandelt, wären die zahlreichen anderen Delikte der Gruppe - ermittelt wird unter anderem wegen Brandstiftungen, Raubes oder Menschenhandels - möglicherweise gar nicht passiert. Öllinger brachte deshalb eine parlamentarische Anfrage an Karl ein sowie eine weitere, in der es um eine Drohung gegen den ehemaligen grünen Landtagsabgeordneten Gunther Trübswasser, den Welser Bürgermeister Peter Koits (SPÖ) und Netzwerk-Sprecher Robert Eiter geht. Hier gebe es trotz offensichtlicher Ausforschung der mutmaßlichen Täter bis zum heutigen Tag keine Anklage.

Keine juristischen Konsequenzen

Auch der oberösterreichische KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner findet, dass Karl ihrer Aufgabe nicht gerecht werde. Er nennt als Beispiel die "auffallende Milde der Justiz im Fall Kitzmüller". Der FPÖ-Gemeinderat wurde nach einem Facebook-Posting ("Ich hab's schon mal zum Ausdruck gebracht: ab mit den Schwuchteln hinters Voest-Gelände") angeklagt, aber im Zweifel freigesprochen.

"Nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa häufen sich in letzter Zeit Vorfälle der Verhetzung gegen Juden und andere Minderheiten. Viele bleiben ohne juristische Konsequenzen, da Staatsanwaltschaft und Justizbehörden die Untersuchungen bereits im Vorfeld einstellen und kein Verfahren eröffnet wird", kritisierte die Israelitische Kulturgemeinde. Antisemitische Hetze und "das Spiel mit 'Stürmer'-ähnlichen Karikaturen" dürften keine Kavaliersdelikte sein.

Ministerium sieht keine Versäumnisse

Das Justizministerium hat am Montag Vorwürfe, Staatsanwaltschaften und Gericht würden zu lasch mit rechtsextremen Delikten umgehen, zurückgewiesen und sieht keine Versäumnisse. Die Befürchtungen der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) würden aber ernst genommen, hieß es in einer Aussendung. Daher unterstütze das Ministerium deren Initiative für gesetzliche Bestimmungen gegen Verhetzung auf EU-Ebene und habe das auch in einem Schreiben an die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission Viviane Reding zum Ausdruck gebracht.

Sein Anfang 2012 habe man in Wiederbetätigungsverfahren neun Weisungen an die Staatsanwaltschaften erteilt, so das Ministerium. Immer sei die Fortführung bzw. einmal sogar die Einbringung einer Anklageschrift angeordnet worden. Die Zahl der Anklagen und Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz habe sich zuletzt mehr als verdoppelt. Der Rechtsschutzbeauftragte, dem Wiederbetätigungsverfahren immer zu berichten seien, habe von seiner Möglichkeit die Fortführung des Verfahrens zu beantragen bisher kein einziges Mal Gebrauch gemacht. (APA, 15.7.2013)