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Linz - Noch ist nicht viel vom Wahlkampf zu sehen: Bundeskanzler Werner Faymann hat sich schon vor Beginn des eigentlichen (und auch in seinen Kosten begrenzten) Wahlkampfs als Porträt im 16-Bogen-Format affichieren lassen. Die ÖVP hat sich im Vorfeld mit einer Plakatserie gegen Vermögenssteuern in Stellung gebracht, vereinzelt gibt es Inserate der Freiheitlichen, noch seltener von anderen Oppositionsparteien. Und Frank Stronach positioniert sich auf großen Plakaten als "unbestechlich".

Bleibt davon etwas bei den Wahlberechtigten hängen? In einer bundesweiten Umfrage hat das Linzer Market-Institut für den STANDARD gefragt: "Von welcher Partei ist Ihnen schon Wahlwerbung aufgefallen?"

SPÖ fällt am stärksten auf

An erster Stelle nannten 27 Prozent die SPÖ, dazu kommen 23 Prozent Zweitnennungen. Aber: Jenen, die in derselben Umfrage angeben, dass sie selber nicht immer wählen gehen (oder das auch für den 29. September nicht fix vorhaben), ist die SPÖ-Werbung bisher nicht aufgefallen.

Und auch die der anderen Parteien nicht - lediglich das Werben der Neos und von Frank Stronach ist den Nicht- oder Nicht-immer-Wählern etwas deutlicher aufgefallen als dem Rest der Bevölkerung.

"Mit klassischer Werbung wird man Nichtwähler auch nicht so einfach an die Wahlurne locken können", ist Werner Beutelmeyer, Chef des Market-Instituts, überzeugt.

Für den STANDARD hat er in zwei Befragungswellen mit insgesamt über 1000 Befragten die Motive abgefragt, die Wahlberechtigte den Nichtwählern unterstellen. Zudem hat Market in den letzten beiden Umfragewellen auch erhoben, wie viele Wahlberechtigte sich dazu bekennen, dass sie nicht bei jeder Wahl wählen - und wie viele unsicher sind, ob sie diesmal zur Wahl gehen werden.

Zwar sagen 80 Prozent, dass sie im Herbst sicher wählen wollen, weitere 13 Prozent halten es für wahrscheinlich - doch zeigt die Beobachtung der vergangenen Wahlen, dass die tatsächliche Beteiligung üblicherweise deutlich unter 80 Prozent liegt und mit leichten Schwankungen tendenziell zurückgeht. 2008 waren es 78,8 Prozent, die wählen gegangen sind. In den 1990er-Jahren lag die Wahlbeteiligung zwischen 80 und 86 Prozent, in den 1980er-Jahren zwischen 88 und 92 Prozent und bei allen Nationalratswahlen davor stets über 90 Prozent.

Market fand unter 1012 Befragten 353 Wahlberechtigte, die sich dazu bekannt haben, dass sie zumindest eine Wahl ausgelassen haben. Ihr Hauptmotiv ist Politikverdrossenheit, wobei Mehrfachnennungen möglich sind. Hier einige Antworten:

  • 50 Prozent der (gelegentlichen) Nichtwähler sagen, den Politikern ginge es "doch nur um die eigene Karriere".
  • 45 Prozent schließen sich der Aussage an: "Die Politiker haben kein Ohr mehr für die Sorgen der kleinen Leute."
  • 32 Prozent sagen: "Ich bin mit dem ganzen politischen System so unzufrieden, dass ich nicht zur Wahl gehe."
  • Jeder vierte Nichtwähler sagt, dass ihn die Parteiprogramme zu wenig ansprächen, 22 Prozent sagen, keine Partei vertrete ihre Interessen, und 19 Prozent meinen, die Parteien unterschieden sich zu wenig voneinander.
  • 20 Prozent geben an, dass ihnen die Kandidaten nicht zusagen.
  • Fünf Prozent sagen, dass sie sich einfach nicht zwischen den Parteien entscheiden könnten.

Nur sehr wenige der (gelegentlichen) Nichtwähler geben an, dass sie aus organisatorischen Gründen - also wegen schlechter Erreichbarkeit des Wahllokals oder wegen des Wahlsystems - nicht wählen, auch Krankheit oder Urlaub wird nur von jedem neunten Befragten als mitentscheidend für die Wahlenthaltung angegeben.

Beutelmeyer: "Was auffällt, ist die unterschiedliche Parteipräferenz der gelegentlichen Nichtwähler - Leute, die schon einmal nicht wählen waren, geben der FPÖ und Stronach noch am ehesten eine Chance. Das sind auch die, die in besonderem Maß auf Politiker und Parteien schimpfen. Da kann es einen Wähleraustausch zwischen Nichtwählern und Oppositionswählern geben."

"Stimme bewirkt nichts"

21 Prozent der Nichtwähler geben als persönliches Motiv für die Wahlenthaltung an, dass man "mit seiner Stimme ohnehin nichts bewirken kann". In der Frage, was man allgemein von Nichtwählern denkt, wird das noch stärker ausgedrückt: Da schließen sich die Wahlberechtigten (darunter auch bekennende Nichtwähler) am stärksten der Aussage vom geringen Stimmgewicht an.

Dass Nichtwähler zufrieden sind und nichts ändern wollen, glauben nur acht Prozent. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 22.7.2013)