George Reid und Aluna Francis lassen jede Menge Einflüsse durchhören.

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Aluna Francis und George Reid erlebten ihre musikalische Prägung in einer Zeit, in der es im Zweifel cool, aber nicht so wichtig war, sich obercoole Studentenmusik aus dem Segment leidender europäischer Mittelstand anzuhören. Im konkreten Fall nennen AlunaGeorge als Einflüsse gern Radiohead oder das schwedische Elektronikpop-Duo The Knife. Weil bei der Mama zu Hause im Kuchlradio aber ebenso oft große Tragödinnen wie Mariah Carey oder Whitney Houston zu hören waren, ging der große amerikanische Plastikkitsch mit seinem Bekenntnis, Durchhalte- und Erweckungsprogramm natürlich auch in Ordnung.

Man sieht das etwa auch bei AlunaGeorges Zeitgenossen The XX: In den 1990er- und Nuller-Jahren war schließlich alles gleichwertig und zeitgleich geworden. Der Soul der Diven, depressive Alternative-Rock-Kost, ein wenig Baby-Gothic-Gepose - und natürlich im Falle britischer Teenies dieser Zeit die Spice Girls und Kylie Minogue. Das britische Duo AlunaGeorge interessiert sich nebenher noch für die Geschichte des Dancefloor und erwähnt Genres wie Grime oder 2-Step, um schließlich auch noch den kapitalistischen US-amerikanischen R'n'B eines R. Kelly, des gerade mit Lady Gaga arbeitenden Frauentrios TLC oder die etwas mehr im HipHop geerdeten Produktionen eines Timbaland abzudecken.

Bis hierher deckt sich die Geschichte der britischen Hype-Sensation AlunaGeorge mit jener der erwähnten melancholischen Kollegen The XX. Wo aber Letztgenannte eher in Richtung minimalistischer Gothic-Kammersoul gehen und ihre ebenfalls gleichaltrige Kollegin Adele mit den Mitteln Robert Smiths von The Cure aushebeln, haben sich AlunaGeorge für den Weg der Kylie Minogue entschieden. Die derzeit global hochgejubelten Lieder des Debütalbums "Body Music" klingen dabei weniger wie eine atemberaubende Mischung aller oben erwähnten Stile.

Es ist also keineswegs so, dass Whitney Houston auf experimentellen Techno trifft, der von Radiohead Richtung Karlheinz Stockhausen zerbröselt wird, um von David Guetta remixt zu werden. AlunaGeorge produzieren mit "Body Music" schon eher unterkühlten, aber gefälligen Elektropop mit superdünner Heliumstimme und lustigen Geräuschen. Wie bei so vielen britischen Acts vor AlunaGeorge auch hat sich bereits in einem frühen Stadium mit den "Soul"-Anteilen allerdings eine "jazzige" Daddeligkeit eingeschlichen, die das Duo einmal Richtung Hausfrauen-Soul und Querflöten-Groove führen wird. (Christian Schachinger, Rondo, DER STANDARD, 9.8.2013)

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