Faszinierendes Diaspora-Panorama: Lav Diaz' "Batang West Side".

Foto: Österreichisches Filmmuseum

Locarno/Wien -  Mit einem außerordentlichen Restaurierungsprojekt gastiert das Österreichische Filmmuseum am Donnerstag, den 8. August, bei den Filmfestspielen in Locarno, mit einer neu lichtbestimmten und tonrestaurierten 35mm-Kopie von Lav Diaz' fünfstündigem Epos über die philippinische Diaspora in den USA, "Batang West Side" (2001) auf Grundlage des in Wien deponierten Originalnegativs. Das erste, noch analog gedrehte Großwerk des philippinischen Regisseurs, in Locarno auch als Jurymitglied präsent, wurde in New Jersey und auf den Philippinen hergestellt, beginnt als Kriminalfilm über einen Todesfall im Drogenmillieu und weitet sich zu einer intensiven Identitätsstudie.

Eine weitere Projektpräsentation wurde parallel dazu angekündigt: Anfang September wird beim Filmfestival von Venedig eine restaurierte Fassung von Apichatpong Weerasethakuls Langfilmdebüt "Mysterious Object at Noon" (1999) vorgestellt, auch dies ein zentrales Werke des jüngeren asiatischen Kinos, das akut vom Verschwinden bedroht war. Das 16mm-Original des thailändischen Road Movies in grobkörnigem Schwarzweiß war verschollen, nun konnte mit Scorseses Filmstiftung auf Basis eines Duplikatnegativs eine Neufassung angefertigt werden.  Im Verlauf des Herbsts bzw. des Winters werden beide Werke dann auch in Wien vorgeführt. 

66. Leopardenjagd

Mit einiger Star-Präsenz eröffnete am Mittwochabend die  66. Ausgabe des Filmfestivals Locarno: Denzel Washington und Mark Wahlberg unterhielten die etwa 8.000 Gäste der Auftaktgala auf der Piazza Grande als Anti-Drogen-Kämpfer in der auf der gleichnamigen Graphic Novel von Steven Grant basierenden Action-Komödie "2 Guns" des isländischen Regisseurs Baltasar Kormákur, der 2000 sein Erstlingswerk "101 Reykjavik" vor Ort im Wettbewerb präsentiert hatte. 

Ebenfalls am Mittwoch erhielt der 91-jährige Brite Christopher Lee einen Excellence Award Moet & Chandon, am Donnerstag konnte der italienische Schauspieler Sergio Castellitto mit einem "Pardo alla Carriera" vor die Fotografen treten.  Auch der deutsche Filmemacher Werner Herzog wird in Laufe des Festivals mit dem "Pardo d'onore" , dem Ehreleoparden für die bedeutendsten Regisseure des zeitgenössischen Films, gewürdigt werden.  Zu den in Locarno vergebenen Leoparden in den traditionellen Kategorien wird es 2013 erstmals einen Preis für das beste Erstlingswerk geben, den "Pardo alla Migliore Opera Prima Citta di Milano".

2013 ist die erste Saison des italienischen Filmkritikers Carlo Chatrian in der Position der künstlerischen Leitung. Chatrian hatte angekündigt, die von seinem zu Arte France Cinema gewechselten Amtsvorgänger Olivier Père eingeschlagene Linie weiterzuverfolgen, verschiedenen Genres eine Plattform zu geben und Populäres mit Experimentellem abzuwechseln. Am 17. August wird das Festival mit Dokumentarfilm "On the Way to School" von Pascal Plisson über vier Kinder aus Kenia, Marokko, Süd-Indien und Patagonien auf ihrem Schulweg durch unwegsames Gelände beschlossen. (red, derstandard.at, 8.8.2013)