Das Wienstrom-Bad kann nur angeschwommen werden. Das Betreten ist verboten.

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Bis dahin müssen sich schwitzende Großstädter anderswo abkühlen.

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Wien – Ein Blechschild informiert über die Biersorte des Hauses, auf der Schiefertafel gleich daneben reiht sich in weißer Schreibschrift das reichhaltige Angebot an Gebratenem und Frittiertem. Von der Straße aus sieht das Freibad KSV Wienstrom aus wie die meisten anderen Bäder an der Alten Donau. Bei näherem Hinsehen wird allerdings schnell klar: Hier ist schon länger niemand mehr im Gastgarten gesessen – oder in der Wiese gelegen. Denn das Gras ist durchwegs kniehoch.

Das Bad der Kultur- und Sportvereinigung Wienstrom ist nämlich seit fast zwei Jahren geschlossen. Schuld daran ist, so Kassier Georg Wachter, die Terrasse des zum Bad gehörenden Gebäudes: "Sie ist schwer baufällig und zum Teil amtlich gesperrt."

Der Verein besteht großteils aus Bediensteten des städtischen Energieerzeugers. Ob er für die Renovierung aufkommen wird, ist noch nicht entschieden. "Wir überlegen, ob wir das Bad weiterhin betreiben oder zurückgeben", sagt Wachter.

Das Grundstück auf der Halbinsel Dampfschiffhaufen an der Unteren Alten Donau steht im Besitz der Stadt Wien, verwaltet wird es vom Wiener Hafen. Dort heißt es, man sei – gemeinsam mit dem Pächter – auf der Suche nach einer Lösung. Bis dahin müssen sich schwitzende Großstädter anderswo abkühlen. Ein Gutteil macht dies an der Alten Donau.

Dabei ist der Dampfschiffhaufen in Kaisermühlen so etwas wie der kleine, wesentlich ruhigere Bruder des Gänsehäufels: Während sich im denkmalgeschützten Großbad die Massen sonnen und ins Natur- und Chlorwasser hüpfen, geht es ein Stück weiter südöstlich wesentlich gemächlicher zu.

Eine ganze Reihe von Firmen und Vereinen betreibt am Dampfschiffhaufen kleine, zum Teil öffentlich zugängliche Freibäder – von Siemens über die Wiener Polizei bis zum Kultur- und Sportverein der Bediensteten der Wiener Linien. Wie lange es das "Straßenbahnerbad" schon gibt, weiß Vereinsobmann Günter Koch selbst nicht so genau. "Ich bin gerade dabei, das zu recherchieren", sagt er, "aber es sind mindestens 70 Jahre." Derzeit hat der Verein rund 12.000 Mitglieder.

Enorme Wertsteigerung

Der Wert von unbebauten Flächen mit Wasserzugang ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dass sich die Stadt vom Grundstück des Wienstrom-Bades trennt und dort bald – ähnlich wie am Kaiserwasser – Luxuswohnungen entstehen, schließt man beim Wiener Hafen dennoch aus: Man werde sich sehr bemühen, einen geeigneten Partner zu finden, der es weiterhin als Bad nutzt. Dabei sei sowohl ein privater als ein stadteigener Betrieb denkbar. Gewinnbringend ist ein kleines Freibad laut Insidern kaum zu führen.

"Bei uns wird die Auslastung  immer besser", sagt Straßenbahnerbad-Obmann Koch. Das habe vor allem mit der angeschlossenen Gastronomie zu tun. "Das neue Restaurant ist mit der alten Kantine nicht vergleichbar."

Das Bad der Polizeisportvereinigung schräg gegenüber ist an heißen Tagen ebenfalls gut gefüllt. An eine Expansion durch die Übernahme der Wienstrom-Fläche denkt man trotzdem nicht. "Die drei Hektar, die wir haben, sind genug Arbeit", sagt Obmann Erwin Böhm. (Martina Stemmer/DER STANDARD, 9.8.2013)