Ein bisschen mulmig könnte einem schon werden, wenn man zwischen verrosteten Gerätschaften, baumelnden Kabeln und Seilen und Schuttbergen nur den eigenen Atem hört. Blick nach oben: Felsen. Blick nach unten: verrostete Schienen. Blick zur Seite: Felsen. Vorne und hinten nur ein endloser Schlauch aus behauenem Gestein. Ansonsten herrschen Kälte, Dunkelheit und Einsamkeit.
Seit Juni diesen Jahres können Taucher im Schieferbergwerk Nullar im Sauerland dort durch die Stollen schweben, wo noch bis Mitte der 80er-Jahr die Kumpel Dach- und Plattenschiefer abbauten. Bis zu 200 Mann waren teilweise mit der Arbeit im Inneren des Berges beschäftigt, der seit 1878 durch immer mehr Gänge und Stollen durchlöchert wurde.
Übriggeblieben ist ein kilometerlanges Labyrinth von Gängen und Hallen auf fünf Ebenen mit einer Ausdehnung von 20 Kilometern.
Mit der Stilllegung 1985 standen auch die Pumpen still, das Wasser konnte sich in dem Höhlensystem sammeln und nach sieben Jahren hatte es den heutigen Stand erreicht. Zwei der insgesamt fünf Ebenen sind komplett geflutet, bis zu 30 Meter können Menschen, die nicht an Klaustrophobie leiden, mit Flossen, Trockentauchanzug und Pressluftflaschen hinunter tauchen.
Aufgeräumt wird nicht
Die Bergleute haben sich mit dem Aufräumen nicht wirklich Mühe gemacht. Die Gänge und Hallen, groß wie Kathedralen, sehen aus, als hätten die Kumpel gerade erst die Werkzeuge zur Seite gelegt und wären nur kurz auf Mittagspause. Allerdings findet man im Pausenraum heute nur noch die Jacken der Arbeiter.
Um die sieben Grad hat das Wasser, tauchen dürfen nur Sporttaucher mit gültiger Zertifizierung aus dem Bereich Höhlentauchen, mit gültiger Tauchtauglichkeitsbescheinigung und gültigem Versicherungsnachweis. Getaucht werden darf auch nur in Begleitung, Solotauchgänge wären zu gefährlich.
Den Fledermäusen weichen
Wer sich nicht ins Wasser traut, kann bei oberirdischen Führungen mitmachen, die ebenfalls angeboten werden. Lichtshows und Multimedia-Präsentationen sucht man vergebens. Eine Stirnlampe bekommt aber jeder Besucher.
Von März bis Anfang Dezember kann das Bergwerk erkundet werden. In der Winterpause müssen die Zweibeiner und Flossenträger draußen bleiben, denn dann gehören die Gänge und Hallen ganz den Fledermäusen, die hier überwintern. (todt, derStandard.at, 13.8.2013)