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Nicht nur die Aerosol-Messung zeigt den Zug der roten Zonen an, auch in der Weltwirtschaft ziehen die Hotspots weiter.

Foto: Reuters/William Putman/NASA/Goddard

Wien – Die wirtschaftliche Schwäche der Schwellenländer erreicht neue Ausmaße. China, Russland, Brasilien, Indien und Co werden laut einer Untersuchung des Investmenthauses Bridgewater Associates heuer erstmals seit 2007 weniger zum globalen Wachstum beitragen als die schon fast abgeschriebenen Industriestaaten. Vom Aufschwung in Japan und den USA sowie dem sich abzeichnenden Ende der Rezession in Europa haben die Emerging Marktes reichlich wenig.

Einerseits, erläutert Chris Williamson, Markit-Chefvolkswirt sorge der Abwertungswettlauf dafür, dass Exporte insbesondere nach Japan und nach Großbritannien zu teuer seien. In den USA wiederum basiert die Erholung zu einem guten Teil auf dem Schiefergas-Boom, an dem die Schwellenländer nicht mitnaschen können. Und unter dem Strich sei die Geldpolitik in China und anderen Emerging Markets vergleichsweise straff, meint Williamson zum Standard.

Ein ähnliches Bild zeichnen diverse Einkaufsmanagerindizes: Vor allem die chinesische Wirtschaft schwächelt laut diesen Frühindikatoren. Capital Economics hat für die Emerging Markets den niedrigsten Stand seit Anfang 2009 erhoben.

Hand in Hand mit dieser Entwicklung vollzieht sich ein ziemlich kräftiger Kapitalabfluss aus den Emerging Markets. Das Institute of International Finance rechnet heuer mit einer Verzehnfachung gegenüber 2012 auf eine Billion Dollar hinsichtlich Investoren mit Wohnsitz in den Schwellenländern. Die Zuflüsse ausländischer Investoren sinken ebenfalls dramatisch. Allein im Juni haben internationale Aktien- und Anleihefonds laut dem Analystenhaus Lipper 14 Milliarden Euro abgezogen.

Viele Experten warnen vor den Folgen dieser Entwicklung, zumal das Wachstumsmodell vieler aufstrebender Ökonomien stark auf den Kapitalzuflüssen aus dem Ausland basiert. Der Internationale Währungsfonds wies bereits bei der letzten Konjunkturprognose im Juli darauf hin, dass die Risiken einer anhaltenden Wachstumsverlangsamung in den Schwellenländern gestiegen seien.

Fed gibt den Takt vor

Verstärkt wird der Effekt durch die Erwartungen, die US-Notenbank könnte die Flutung der Märkte bis Jahresende zurücknehmen. Die Öffnung der Geldschleusen hat die Kapitalexporte in den letzten Jahren beflügelt. Nun versuchen Länder wie die Türkei, Brasilien und Indonesien, Investoren mit hohen Zinsen im Land zu behalten, was sich negativ auf das Wachstum auswirkt. "Länder mit geringem Wachstum, hoher Abhängigkeit von Rohstoffzyklen, Reformdruck und hohen Leistungsbilanzdefiziten werden kritisch von Anlegern beäugt", heißt es beim Fondsanbieter Comgest. Besonders anfällig seien Südafrika, die Türkei und Brasilien. Der Rohstoffboom hat Staaten u. a. in Südamerika aber auch Australien genutzt, nun wirkt sich die sinkende Nachfrage aus China gegenteilig aus.

Zurück zur Bridgewater-Untersuchung, über die das Wall Street Journal berichtete: Der Hedgefonds hat für heuer eine Steigerung der weltweiten Wirtschaftsleistung um 2,4 Billionen Dollar angenommen. Davon stammten 60 Prozent aus Industriestaaten. Die relativen Konjunkturzahlen sprechen freilich eine andere Sprache. Während Japan mit 2,6 Prozent das stärkste Wachstum unter den entwickelten Ländern aufweist, wird China heuer ein Plus von sieben Prozent vorausgesagt. Mit einem Fragezeigen versehen Ökonomen die Prognose des Fonds für Indien, die bei 5,6 Prozent liegt. Kapitalabflüsse und ein riesiges Loch in der Handelsbilanz führten zu einem Absturz der teilkonvertiblen Rupie. (as, DER STANDARD, 13.8.2013)