So unscheinbar die Nachtigall auf den ersten Blick wirkt, so schnell und komplex ist der Gesang ihrer Männchen. Aktuelle Untersuchungen zeigten nun: Je älter ein Männchen ist, umso besser trillert es.

Foto: Kathryn Peiman / Petite Camargue Alsacienne

Ältere Nachtigallen-Männchen singen normalerweise schnellere und vor allem auch schwierigere "Ständchen" als ihre jüngeren Geschlechtsgenossen. Das ermöglicht es den Weibchen, zwischen unterschiedlich alten potenziellen Paarungspartnern zu unterscheiden, was wiederum dem Fortpflanzungserfolg dient. Denn üblicherweise entscheiden sich die Weibchen für ein älteres Männchen.

Nachtigallen sind bekannt für ihr großes Gesangs-Repertoire: Jedes Männchen beherrscht etwa 200 unterschiedliche Strophentypen. Wie kann bei dieser Vielfalt ein flüchtig zuhörendes Weibchen prüfen, ob ein Männchen als Ehepartner in Frage kommt? Unwahrscheinlich, dass es dafür die Größe des Repertoires beurteilt; es würde etwa eine ganze Stunde dauern, bis ein Männchen die meisten seiner Strophen mindestens einmal gesungen hat. Wahrscheinlicher ist, dass die Qualität bestimmter Gesangselemente, die in vielen Strophen vorkommen, als Grundlage für die schnelle Prüfung dient.

Etwa 20 Prozent aller Nachtigallenstrophen enthalten zum Beispiel sogenannte "rapid broadband trills", also Triller, deren Elemente sich über einen weiten Frequenzbereich erstrecken und die sehr schnell wiederholt werden. Da die Produktion von Klängen, die einen großen Frequenzbereich abdecken, anstrengend ist, können solche Klänge nicht beliebig schnell aneinandergereiht werden: "Das kann man selber feststellen, indem man versucht, schnell ansteigende Töne in schneller Abfolge zu singen oder zu sprechen", meint Valentin Amrhein, Zoologe an der Universität Basel und Leiter der Forschungsstation Petite Camargue Alsacienne, an der die Studie durchgeführt wurde.

Anstrengender Gesang weist auf fitte Männchen hin

Da das Singen von schnellen breitbandigen Trillern also etwas kostet, wird angenommen, dass Männchen in guter körperlicher Verfassung besser trillern und dass Triller daher die "Qualität" der Männchen anzeigen können. Tatsächlich fanden die Forscher heraus, dass ältere Nachtigallenmännchen schnellere und einen größeren Frequenzbereich abdeckende Triller singen als jüngere Männchen. Weibchen könnten also aufgrund der Triller das Alter der Männchen abschätzen und sich bevorzugt mit älteren Männchen paaren. Das ist für Vogelweibchen durchaus sinnvoll, denn ältere Männchen haben häufig einen größeren Fortpflanzungserfolg.

Im Vergleich mit insgesamt 46 Vogelarten, die in anderen Studien untersucht wurden, zeigte sich außerdem die Sonderstellung der Nachtigall: Ihre Triller erstreckten sich über einen bis zu doppelt so großen Frequenzbereich und einige Triller waren mit bis zu 100 Elementen pro Sekunde auch gut doppelt so schnell wie bei anderen Arten. (red, derStandard.at, 16.08.2013)